Mittelstand rückt immer stärker ins Visier der Cybergangster

Der deutsche Mittelstand steht, laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC, immer häufiger im Visier von Cyberattacken. Demnach wurde jedes fünfte privatwirtschaftliche Unternehmen 2016 Opfer eines erfolgreichen Angriffs – im Jahr zuvor war es nur jedes zehnte. Hauptangriffsziel war mit 66 Prozent die Systemverfügbarkeit. Trotz der verschärften Bedrohungslage würden Firmen laut PwC nur zögerlich reagieren. So sind die IT-Budgets der Befragten im Vergleich zur Vorjahresstudie sogar gesunken: Der Anteil der Unternehmen, die hohe Investitionen zwischen 100.000 bis zu 1Mio., tätigten, schrumpfte von 14 auf acht Prozent. Ausgaben von über 1 Mio., gingen auf zwei Prozent zurück. “Die Bedrohungslage und die Bewertung der eigenen Sicherheitssituation klaffen auseinander. Wir erkennen jedenfalls keinen ‘IT-Sicherheitsruck’ bei mittelständischen Unternehmen. Damit gehen sie ein hohes Risiko ein”, warnt Dr. Peter Bartels, PwC-Vorstandsmitglied und Leiter des Bereichs Familienunternehmen und Mittelstand. “Viele von ihnen sind Weltmarktführer und Hidden Champions. Sie verfügen über modernste Technologien, hochspezialisiertes Fachwissen und einen beeindruckenden Kundenstamm. Diese Unternehmen und ihre Datenbestände sind deshalb besonders attraktiv für Cybergangster”. 51 Prozent der befragten Unternehmen erwarten in Zukunft eine steigende Ausgabenentwicklung bei der Sicherung ihrer IT-Strukturen.

IT-SiG führt bislang nicht zu einem Umbruch

Etwas investitionsfreudiger zeigen sich die Betreiber sogenannter Kritischer Infrastrukturen (Kritis), die bis zum Sommer dieses Jahres die Anforderungen des IT-Sicherheits-Gesetzes (IT-SiG) umsetzen müssen. Zu ihnen gehören bisher Unternehmen aus den Sektoren Energie, Informationstechnik und Telekommunikation sowie Wasser und Ernährung. Von den 22 Prozent, die sich selbst als KRITIS-relevant einschätzen, wollen laut Studie rund zwei Drittel (64 Prozent) ihre IT-Budgets erhöhen. Allerdings erfüllen erst die Hälfte der KRITIS-relevanten Unternehmen die Anforderungen des Gesetzes. Das ist alarmierend, meint Derk Fischer, Leiter Cyber-Security bei PwC: “Das IT-SiG setzt Mindeststandards für Informationssicherheit, darunter die Benennung eines Informationssicherheitsbeauftragten, die Einführung eines Informationssicherheits-Management-Systems und die Einrichtung einer Meldestelle. Diese Vorgaben sind aus meiner Sicht ein Muss und zwar nicht nur für Kritis-Unternehmen, sondern für alle mittelständischen Unternehmen.” Neben regulatorischen Anforderungen wie dem IT-SiG ist die digitale Transformation ein weiterer Grund, mehr in Informationssicherheit zu investieren. Über 80 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass sie ihre Wertschöpfungsketten bis 2020 digitalisiert haben werden.

Mensch bleibt höchstes Sicherheitsrisiko

Wie bereits im Vorjahr bleibt der Mensch das größte Sicherheitsrisiko. Als Ursache sehen 76 Prozent der Unternehmen die ungenügende Schulung und Ausbildung der Mitarbeiter. Knapp dahinter liegt der verstärkte Einsatz mobiler Endgeräte, der für 75 Prozent der mittelständischen Unternehmen ein Sicherheitsrisiko darstellt. Die Auslagerung von Sicherheitsaufgaben an externe Dienstleister ist für die Mehrheit der Unternehmen bisher keine Option – am häufigsten werden externe Dienstleister im Bereich Anti-Virus eingesetzt, allerdings auch nur von 38 Prozent der Befragten. “Dabei wird verkannt, dass externe Expertise die eigene Sicherheitssituation effektiv verbessern kann. Gerade im Fall eines erfolgreichen Cyberangriffs können externe Spezialisten Personal häufig in kurzer Zeit bereitstellen und so den Schaden oft minimieren.”, sagt Fischer. Das Fazit, das die Studienmacher aus den Ergebnissen ziehen, ist deshalb ernüchternd: Bestehende Aktivitäten sind vor allem auf äußere Druckpunkte wie das IT-SiG oder die Digitale Transformation zurückzuführen. Die Aufgabe von Familienunternehmen und Mittelstand müsse es jetzt sein umzudenken und das Thema eigeninitiativ zu treiben, rät Bartels.

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