Digitalisierung schafft neue Jobs für Fachkräfte

Der Lkw-Fahrer disponiert während der Fahrt, managt Bestellungen und Routen statt den Wagen selber zu lenken, die Zahnarzthelferin stellt Implantate mit dem 3D-Drucker her statt nur die Abdrücke zu nehmen: Berufe und Anforderungsprofile wandeln sich durch die Digitalisierung von Grund auf. Für digital qualifizierte Arbeitnehmer bieten sich dadurch hervorragende Jobchancen:
Jedes zweite Unternehmen (54 Prozent) rechnet damit, dass es in den kommenden zehn Jahren mehr Arbeitsplätze für gut ausgebildete Beschäftigte geben wird – gerade einmal fünf Prozent erwarten einen Rückgang. Im Management rechnen 37 Prozent mit mehr Jobs, zwölf Prozent mit weniger. Im mittleren Management ergibt sich mit 36 bzw. 17 Prozent ein ähnliches Bild. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Befragung unter 500 Unternehmen ab zehn Mitarbeitern im Auftrag des Digitalverbandes Bitkom. “Die Digitalisierung führt zu einem historischen Wandel in der Arbeitswelt”, sagte Bitkom-Präsident Thorsten Dirks. “Neue, aufregende und anspruchsvolle Jobs entstehen. Sie setzen eine gute Ausbildung voraus und bieten dafür viel Gestaltungsspielraum und Verantwortung.” Die Anzahl der Beschäftigten mit geringen Qualifikationen und unterstützenden Tätigkeiten wird dagegen sinken, davon gehen 68 Prozent aus. Dirks: “Die Ergebnisse zeigen, welche entscheidende Bedeutung digitale Kompetenzen und die Aus- und Weiterbildung in Zukunft haben werden.” So gehen neun von zehn Unternehmen (87 Prozent) davon aus, dass die Digitalkompetenz der Beschäftigten genauso wichtig wird wie fachliche oder soziale Kompetenz. vier Prozent erwarten sogar, dass Digitalkompetenz zur wichtigsten Fähigkeit von Arbeitnehmern wird. Bereits in den vergangenen zehn Jahren haben sich die Aufgaben in den Unternehmen durch die Digitalisierung verändert. So berichtet jedes zehnte Unternehmen davon, dass bestimmte Berufsprofile wie beispielsweise Schriftsetzer oder Lagerist komplett verschwnden sind, in jedem fünften Unternehmen (21 Prozent) sind neue Profile entstanden, etwa Softwareentwickler, Datamining Spezialist oder Roboter-Koordinator. “Durch die Digitalisierung fallen überwiegend einfache Aufgaben weg, dafür entstehen aber Stellen mit komplexeren Anforderungen und mehr Verantwortung”, sagte Dirks. “Das heißt auch: Ohne Digitalkompetenz kommt man im Berufsleben künftig nicht mehr aus. Wer gut qualifiziert ist, dem eröffnen sich zugleich immer mehr und bessere Chancen auf Berufe, die spannend, fordernd und erfüllend sind.” Entsprechend große Bedeutung messen die Unternehmen der Weiterbildung rund um Digitalthemen zu. 97 Prozent halten diese für qualifizierte Fachkräfte im Unternehmen für wichtig, jeweils rund drei Viertel für Führungskräfte (77 Prozent) und 71 Prozent der gering Qualifizierte. Aktuell wird die Digitalkompetenz von Bewerbern und eigenen Mitarbeitern nur mit ‘befriedigend’ oder ‘ausreichend’ bewertet.

Kaum Investitionen

Dieser Einschätzung zum Trotz investieren die Unternehmen selbst nur wenig in Weiterbildung: 62 Prozent geben an, dass die eigenen Mitarbeiter in Digitalkompetenzen nicht weitergebildet werden. Nicht einmal jedes dritte Unternehmen (31 Prozent) hat eine zentrale Strategie, wie die Mitarbeiter Digitalkompetenzen erlangen sollen, nur 27 Prozent haben dafür ein festes Budget eingeplant. Und jedes dritte Unternehmen (33 Prozent) gibt an, dass eine solche Weiterbildung für Mitarbeiter, die älter als 50 Jahre sind, nicht sinnvoll sei. “Die Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital in der digitalen Wirtschaft”, sagte Dirks: “Wer sein Unternehmen verändern und neue Geschäftsmodelle erschließen will, der braucht die besten Köpfe in seinem Team. Und der muss dafür sorgen, dass seine Leute immer auf dem aktuellen Stand der digitalen Entwicklung bleiben.”

Weiterbildung zu teuer

In der Umfrage wurde auch nach den Gründen für die Zurückhaltung bei der Weiterbildung gefragt: 36 Prozent geben an, die eigenen Mitarbeiter nicht intensiver rund um digitale Kompetenzen weiterzubilden, weil die Weiterbildungsangebote zu teuer sind. Ähnlich viele (31 Prozent) beklagen, dass sie die Qualität der Weiterbildungsangebote nicht beurteilen können. Jedem vierten Unternehmen fehlt ein Überblick über die Möglichkeiten von Weiterbildungen rund um Digitalkompetenz. Fast ebenso viele (24 Prozent) sagen, dass die vorhandenen Angebote nicht das abdecken, was in ihrem Unternehmen benötigt wird oder dass sie auf die Arbeitskraft ihrer Mitarbeiter nicht verzichten können. “Ganz klar müssen wir mehr in die Köpfe investieren, wenn wir die digitale Transformation in Deutschland erfolgreich gestalten wollen. Wir haben das Zeug dazu in der digitalen Wirtschaft eine ähnliche Führungsrolle erreichen wollen wie wir sie bislang etwa in der Automobilindustrie oder dem Maschinenbau haben. Aber wir müssen das Potential nutzen.”, so Dirks. Angesichts der historischen Veränderungen in der Berufswelt sind nach Ansicht des Bitkom sowohl jeder einzelne Mitarbeiter, die Unternehmen, als auch die Politik gleichermaßen gefordert. Jeder Einzelne sollte Weiterbildungen aktiv einfordern und Weiterbildungsmöglichkeiten nutzen. Die Unternehmen müssen eine zentrale Weiterbildungsstrategie rund um die digitalen Kompetenzen ihrer Mitarbeiter erarbeiten und dafür auch entsprechende Mittel bereitstellen. Vor allem kleinere und mittlere Unternehmen benötigen zusätzlich die Unterstützung der Politik, etwa durch Beratungen rund um die Qualität und Inhalte von Weiterbildungen oder auch durch die konkrete Förderung von Maßnahmen. Die Politik ist aufgerufen, die Grundlagen für Weiterbildungen durch eine fundierte Schulbildung zu legen. Diese müsste die Themen der digitalen Welt stärker als bislang berücksichtigen und den Erwerb von digitalen Kompetenzen verpflichtend im Lehrplan verankern. Dazu gehört ein Pflichtfach Informatik ab der Sekundarstufe I, das Voraussetzung ist, um die digitale Welt zu verstehen, sowie Englischunterricht als ab der ersten Klasse.

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