Wie Finanzierungsmodelle Nachhaltigkeit unterstützen

Klaus Meyer (Siemens Financial Services) über Nachhaltigkeit im Maschinenbau

Mehr als 75 Prozent der 50 weltweit führenden Maschinenbauunternehmen versprechen potenziellen Kunden – in der Regel Unternehmen des produzierenden Gewerbes – Produktvorteile in Bezug auf Nachhaltigkeit. Eine Studie von Siemens Financial Services (SFS) zeigt, wie Unternehmen aus dem Maschinenbau Nachhaltigkeit definieren und als Verkaufsargument nutzen.

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Bei Investitionen des verarbeitenden Gewerbes in Nachhaltigkeit spielen folgende Faktoren die Hauptrolle:

  • Viele Maschinenbauunternehmen haben eine ethische Haltung eingenommen, um die Nachhaltigkeit in ihren Betrieben und Produkten zu verbessern. Laut dem aktuellen CxO Sustainability Report von Deloitte Global geben mehr als 60 Prozent der befragten Führungskräftei an, dass der Klimawandel in den nächsten drei Jahren einen großen Einfluss auf die Strategie und den Betrieb ihres Unternehmens haben wird.
  • Regulierungsbehörden verlangen immer umfangreichere Berichterstattungen über Nachhaltigkeitsbestrebungen größerer Unternehmen und fordern Hersteller dazu auf, die Nachhaltigkeit in den von ihnen belieferten Branchen zu unterstützen. Im Gegenzug sollen die Anbieter von Fertigungstechnologien und -maschinen ihren Kunden aus der Fertigung nachhaltigkeitsfördernde Funktionen anbieten.
  • Es wird nun eine engere Verbindung zwischen Digitalisierung (bzw. Industrie 4.0) und dem effektiven Einsatz einer nachhaltigeren Fertigung hergestellt. Das führt dazu, dass in den meisten Fällen Anstrengungen für Nachhaltigkeit auch finanzielle Gewinne mit sich bringen.
  • Bei der Beschaffung von Finanzmitteln auf den Kapitalmärkten ergeben sich Potenziale bei der Gewinnung von Investorengeldern durch ‘grüne’ und ‘nachhaltige’ Anleihen. Unabhängige Analysten bewerten dabei die Nachhaltigkeitsbehauptungen eines Unternehmens, und für die Anleihen gilt manchmal ein ‘Greenium’ – ein geringfügig niedrigerer Zinssatz.

Und KMU?

Wie dringend ist es also für kleine und mittlere Maschinenbauunternehmen, in eine nachhaltigere Produktion zu investieren? Sowohl finanzielle Vorteile als auch die Aussicht auf eine bessere Wettbewerbs­position treiben Unternehmen zum Handeln an: Wer früher anfängt, kann schneller von den finanziellen Vorteilen und Einsparungen profitieren.

Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Maschinenbau, die sich frühzeitig für nachhaltige Produkte entschieden haben, kann dies im Wettbewerb um einen Auftrag den entscheidenden Vorteil einbringen. Denn Regulatoren, Investoren, und Kunden fordern vermehrt überprüfbare Nachhaltigkeit.

Technologie, die Nachhaltigkeit ermöglicht, ist fast immer mit digitaler Transformation ver­bunden. Derzeit haben laut Thoughtsparks Digital Divisions Report 25-30 Prozent der Hersteller aller Größenordnungen digitale Techno­logien in einem nennenswerten Umfang eingeführt. Das zeigt, dass Investitionen in nachhaltige Tech­nologien immer noch Potenzial für Wettbewerbsvorteile im Maschinenbau bieten.

Welche Technologien unterstützen Nachhaltigkeitsziele?

Um aktuelle Einblicke in die Nachhaltigkeitsprioritäten von Maschinenbauunternehmen zu erhalten, wurden in einer Studie von SFS die von den 50 weltweit führenden Produktionsmaschinenherstellern kommunizierten nachhaltigkeitsfördernden Merkmale ihrer Maschinen und Anlagen analysiert. Aus der Studie geht hervor, dass Hersteller einem Druck unterliegen, so bald wie möglich in ihre eigene Nachhaltigkeit zu investieren. KMU im Maschinenbau sind also be­strebt, Maschinen zu entwickeln, die ihre Kunden in der Fertigung dabei unterstützen, sowohl Emissionen zu reduzieren als auch die Effizienz der Fertigungsprozesse insgesamt zu steigern.

Die befragten Unternehmen sehen die höchste Priorität im Hinblick auf Nach­haltigkeit bei der Dekarbonisierung und Ressourceneffizienz. Fast ebenso gefragt sind Vorteile im Zuge der Digitalisierung, die sich in Form von Produktivitätsgewinnen durch Industrie 4.0-Technologien ergeben. Die untersuchten Maschinenbauunternehmen begreifen auch die Kreislaufwirtschaft als große Chance: Sie nehmen etwa ältere oder defekte Maschinen und Teile zurück und überholen (Retrofit) oder reparieren sie, sodass sie erneut voll funktionsfähig sind.

Investitionshürden auf dem Weg zur Nachhaltigkeit

Obwohl Hersteller die Notwendigkeit von Investitionen in die Nachhaltigkeit erkennen und Maschinenbauer bereits nachhaltigere Anlagen entwickeln, bleiben Investi­tionsprobleme bestehen. Weltweit sind die Wirtschaftsaussichten für das verarbeitende Ge­werbe eher gedämpft. Somit sind geeignete Finanzierungsmodelle für Nachhaltigkeitsinvestitionen im verarbeitenden Gewerbe gerade für KMU von entscheidender Bedeutung. Diese helfen den Maschinen- und Ausrüstungsanbietern, ihre nachhaltigen Produkte zu verkaufen, indem sie den Kundenkalkulierbare monatliche Zahlungen anbieten. Zu den wichtigsten Finanzierungskategorien gehören:

  • Integrierte Finanzierungsangebote: Diese unterstützen den Hersteller und Maschinenverkäufer beim Verkauf, erleichtern aber auch dem Kunden, der in neue Technik investiert, Investitionsentscheidungen zu treffen. Der Her­steller bzw. Verkäufer erhält die Zahlungen für die Maschine vollumfänglich sofort.
  • Flexible Finanzierungsmodelle: Spezialisierte Finanzierungsgesellschaften nutzen ihr tech­nisches Know-how, um innovative und flexible Finanzierungslösungen zu entwickeln. Ein Beispiel sind IoT-basierte Modelle, die eine höhere Maschinenverfügbarkeit und einen optimalen Zu­stand der Maschinen gewährleisten.
  • Retrofit Finanzierung: Mit einer Retrofit-Finanzierung können bestehende Maschinen und Anlagen budgetkonform modernisiert werden. Das Ergebnis ist eine (energie-)effizientere Produktion mit reduzierten Stillstandzeiten.
  • Jetzt kaufen. Später bezahlen. (verlängerte Zahlungsziele): Diese Finanzierungsoption eignet sich besonders bei langen Projektlaufzeiten, Zahlungsziele können bis zu 180 Tagen verlängert werden. So können Hersteller Maschinen produzieren und den Cash-Flow optimieren.

Wachsende Priorität für Nachhaltigkeit im Maschinenbau

Der Beitrag zeigt, wo Maschinenbauunternehmen ihren Kunden in der Fertigung Nachhaltigkeit ermöglichen und andererseits die Bereiche der Ressourceneffizienz dargelegt, die durch neue Modelle oder Nachrüstungen angeboten werden.

Untersucht man das Ausmaß der Angebote und Förderungen jeder dieser Nachhaltigkeits­bereiche durch Maschinenbauunternehmen, zeigt sich, dass Energieeffizienz und Produktivitätsgewinne durch Digitalisierung am weitesten verbreitet sind. Fast alle Hersteller von Produktionsmaschinen legen auf irgendeine Form von Nachhaltigkeit bei ihren Maschinen Wert. Die Umstellung auf eine nachhaltigere Produktion ge­lingt jedoch nur dann, wenn die Technologie mit speziellen Finanzierungs­instrumenten kombiniert wird, die die Umstellung finanzierbar machen.

 

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