Bitkom-Studie

Mehr Nachhaltigkeit durch Industrie 4.0

Eine Befragung im Auftrag des Branchenverbands Bitkom stellt die Bedeutung digitaler Anwendungen für mehr Klimaschutz heraus. Demnach denken 81 Prozent der rund 550 befragten Industrieunternehmen, dass Industrie 4.0 zu einer nachhaltigen Produktion beitragen kann. Gleichzeitig geben 91 Prozent, dass Industrie 4.0 unverzichtbar sei, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. 61 Prozent geben an, dass die Arbeit weniger fehleranfällig werde und sich konventionelle Geschäftsmodelle verändern würden (58 Prozent).

Bild: Bitkom e.V.

Bild: Bitkom e.V.

Großes Potenzial bietet die Digitalisierung der Industrie in der Reduktion von CO2-Emissionen. So könnten nach Bitkom-Angaben im Jahr 2030 bei einem beschleunigten Einsatz digitaler Technologien in Deutschland bis zu 64Mio. Tonnen CO2 eingespart werden – das sind 17 Prozent der insgesamt geplanten CO2-Einsparungen im Rahmen des Klimaziels 2030. Der Einsatz von digitalen Zwillingen könnte etwa 33Mio. Tonnen CO2 einsparen. Weiteres Einsparpotenzial von etwa 31Mio. Tonnen liegt laut Bitkom in der verstärkten Automatisierung der Produktion, indem digitale Technologien manuelle Eingriffe und den Materialeinsatz reduzieren sowie Prozesse optimieren.

65 Prozent der Industrieunternehmen ab 100 Beschäftigten nutzen laut Bitkom-Befragung spezielle Anwendungen aus dem Bereich Industrie 4.0, weitere 25 Prozent planen den Einsatz. „Insgesamt setzen 90 Prozent der Unternehmen auf Industrie 4.0 – und investieren dafür rund 6 Prozent ihres gesamten Jahresumsatzes“, so Christina Raab, Mitglied im Bitkom-Präsidium. Vergangenes Jahr waren es nach Bitkom-Angaben noch 83 Prozent, im Jahr 2019 74 Prozent. 8 Prozent planen laut Befragung derzeit keinen Einsatz spezieller Anwendungen, können sich aber vorstellen, dies in Zukunft zu tun.

Welche Technologien kommen zum Einsatz

Jedes zweite Unternehmen (50 Prozent) nutzt laut Befragung digitale Marktplätze, um Produkte und Dienstleistungen einzukaufen oder zu verkaufen. Weitere 17 Prozent planen den Eintritt in den elektronischen Handel in den kommenden 12 Monaten und 12 Prozent haben noch keine konkreten Pläne, diskutieren aber darüber. Für 20 Prozent sind digitale Marktplätze hingegen kein Thema. Virtual und Augmented Reality ist bereits in 31 Prozent der Unternehmen im Einsatz, 19 Prozent planen dies und 16 Prozent diskutieren darüber. Der Mobilfunkstandard 5G wird laut Studie in 29 Prozent der Unternehmen genutzt und ist in weiteren 21 Prozent geplant. Bei genauso vielen (21 Prozent) steht der Einsatz noch ergebnisoffen zur Debatte. Lifecycle Management nutzt jedes vierte Unternehmen (25 Prozent), 18 Prozent planen den Einsatz und 21 Prozent diskutieren zumindest darüber.

In fast 4 von 10 Unternehmen (38 Prozent) findet laut Bitkom-Studie künstliche Intelligenz Anwendung – 66 Prozent von ihnen nutzen KI in der Produktion zur Automatisierung von Prozessen, 64 Prozent für die Datenanalyse bei der Prozessüberwachung, 35 Prozent wenden beide Einsatzmöglichkeiten an. Pläne für den Einsatz von KI haben 17 Prozent der Unternehmen, 18 Prozent diskutieren darüber. Für jedes Vierte (25 Prozent) ist KI aktuell noch kein Thema. Das größte Hemmnis beim Einsatz von KI sehen 42 Prozent aller Industrieunternehmen in der mangelnden Datengrundlage. 40 Prozent scheint der Aufwand insbesondere bei der Implementierung zu hoch, 36 Prozent fehlen Standards und 32 Prozent hindert der Zertifizierungsprozess. Gut jedes vierte Unternehmen (28 Prozent) gibt ethische Gründe als Hürde beim Einsatz von KI an.

Bedeutung digitaler Zwillinge steigt

Digitale Zwillinge werden in jedem dritten Unternehmen (33 Prozent) eingesetzt. Ein weiteres Fünftel (19 Prozent) plant die Nutzung und 16 Prozent diskutieren dies. Der Bitkom geht davon aus, dass Bedeutung von digitalen Zwillingen mittelfristig weiter zunehmen wird. So sind 82 Prozent der Meinung, dass der Einsatz digitaler Zwillinge in den kommenden fünf Jahren ansteigen wird. 17 Prozent gehen davon aus, dass sich die Relevanz nicht verändern wird. Kein einziges der befragten Unternehmen nimmt an, dass digitale Zwillinge zukünftig keine große Rolle spielen werden. Allerdings ist 29 Prozent der Einsatz derzeit kein Thema. Wie auch beim Einsatz von KI haben die meisten von ihnen (51 Prozent) nicht genügend Daten zur Verfügung, um digitale Zwillinge einzusetzen. 38 Prozent fehlen laut Studie Standards und für 23 Prozent aller Unternehmen ist die Wirtschaftlichkeit nicht einschätzbar.

IoT-Plattformen, mit denen Daten, Produkte, Maschinen oder Prozesse vernetzt werden können, setzen 35 Prozent der befragten Unternehmen ein und fast genauso viele (30 Prozent) planen dies. Für lediglich 14 Prozent sind IoT-Plattformen kein Thema, bei 19 Prozent steht der Einsatz zur Diskussion. Fast jedes Zweite (49 Prozent) sieht die größten Potenziale bei so genanntem Remote Monitoring – also der Fernüberwachung – und bei Echtzeit-Einblicken in die Herstellungsprozesse. 42 Prozent schätzen die Beschleunigung von Prozessen. 39 Prozent sehen Potenziale in Predictive Maintenance. 40 Prozent der Befragten erhoffen sich durch den IoT-Plattformen Umsatzsteigerungen, 36 Prozent Qualitätsverbesserungeen und 31 Prozent Kostensenkungen.

Fachkräfte können profitieren

7 von 10 Unternehmen (71 Prozent), dass durch Industrie 4.0 neue Arbeitsplätze für gut ausgebildete Fachkräfte entstehen. Im Vorjahr meinten dies 57 Prozent. Auf diesen Wandel stellt sich die Industrie jetzt ein. Mehr als drei Viertel (77 Prozent) der Industrieunternehmen investieren in die Weiterbildung ihrer beschäftigten rund um Industrie 4.0 (2021: 68 Prozent). Zugleich meinen aber auch 61 Prozent, dass Arbeitsplätze für gering Qualifizierte wegfallen werden.

Nachholbedarf im Mittelstand

Immerhin 39 Prozent der befragten Industrieunternehmen sehen sich als Vorreiter der Industrie 4.0. Andererseits gruppiert 51 Prozent gruppieren sich als Nachzügler. 7 Prozent der Unternehmen fühlen sich abgehängt. Den größten Nachholbedarf hat der Mittelstand. So bezeichnen sich 58 Prozent der Unternehmen mit 100 bis 499 Beschäftigten als Nachzügler und nur 30 Prozent als Vorreiter. Unter den großen Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden ist es umgekehrt: Lediglich 37 Prozent sehen sich als Nachzügler, mehr als die Hälfte (54 Prozent) als Vorreiter.

Das größte Hemmnis, Industrie 4.0 zu etablieren, sind nach Selbstauskunft der Unternehmen fehlende finanzielle Mittel (81 Prozent). Aber auch die Anforderungen an den Datenschutz empfinden zwei Drittel (67 Prozent) als Hindernis. 61 Prozent identifizieren Anforderungen an die IT-Sicherheit als Problem und für 58 Prozent ist das Thema zu komplex. Rund die Hälfte (51 Prozent) sieht in fehlenden Fachkräften ein Problem, 40 Prozent bemängeln die Störanfälligkeit der Systeme. 29 Prozent fehlt der Austausch mit Unternehmen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen.

Von den politischen Entscheidungsträgern wünschen sich 84 Prozent der steuerliche Impulse, um Investitionen in die Industrie 4.0 anzuschieben. Ähnliche viele – 82 Prozent – wünschen sich mehr Rechtssicherheit beim Datenaustausch mit anderen Unternehmen. 44 Prozent plädieren für die Etablierung von Standards für Industrie-4.0-Anwendungen. Etwa 6 von 10 Unternehmen wollen einen schnelleren Bewilligungsprozess von Förderanträgen (61 Prozent) und mehr als die Hälfte (52 Prozent) plädiert für den Ausbau von FuE-Förderprogrammen für Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Im Bildungsbereich wünschen sich 59 Prozent Weiterbildungsangebote und die Integration von Industrie-4.0-Themen in Ausbildung und Studium. 55 Prozent möchten Programme zur Aus- und Weiterbildung von Fachkräften rund um Industrie 4.0 und etwa genauso viele (54 Prozent) mehr Informations- und Beratungsangebote für Unternehmen.

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