Herausforderung Energiewende


Die Bedarfe von Industrie und Energieversorgern unterscheiden sich also in solchen Systemen?

Berthold: Durchaus. Dies liegt vor allem darin begründet, dass die Industrie viel zeitnaher agieren muss. So stellen die meisten Industrieanlagen bereits eine Netzwerk-Infrastruktur in Form eines WLAN-Netzes bereit, über das ich Leistungsdaten von überall auf der Welt abrufen kann. Diese Möglichkeit ist im Energieversorger-Bereich nur sehr eingeschränkt gegeben. Innerhalb von Ortsnetzen schon eher, aber in ländlichen Gebieten, die ja in Deutschland auch einen großen Teil ausmachen, wird es da schon schwieriger.

Aber gerade im Zeitalter der Prosumer wäre es doch für die EVU wichtig, eine solche Messtechnik-Infrastruktur zu schaffen.

Berthold: Da bin ich völlig Ihrer Meinung. Es gibt auch tatsächlich Netzbereiche, bei denen Stromverteilungen sehr hohen Belastungen ausgesetzt sind, da sehr unterschiedliche Situationen, z.B. verursacht durch Solarparks, auftreten. Während man üblicherweise von einer wechselnden und nicht von einer ständigen Belastung ausgeht, laufen solche Netze bei ständiger Sonneneinstrahlung permanent am Maximum. Die Komponenten dieser Netzstrukturen sind auf eine solche Belastung in aller Regel gar nicht ausgelegt. Es müssen dann Messungen angestellt werden, wie diese Belastungen aussehen, um daraus abzuleiten, wie das Stromnetz ausgelegt werden muss. Dann kommen noch Aspekte hinzu, die heute nur schwer vorausschaubar sind, wie z.B. die Entwicklung der Elektromobilität. Normalerweise wird heute in einem Neubaugebiet ein Haus mit durchschnittlich 4kW geplant. Wenn aber künftig ein Hausbewohner am Abend sein Elektrofahrzeug aufladen möchte, sprechen wir bereits von einer 22kW-Dauerlast. Wenn diese Belastung nun durch x Personen auftritt, wird dem Netz sehr intensiv Leistung entnommen, das diesem Bedarf nicht standhält. Und hier sind Schnellladefunktionen noch gar nicht berücksichtigt. Es kommen also Infrastrukturprobleme auf uns zu, die erst einmal messtechnisch erfasst werden müssten, bevor Rückschlüsse auf neue Netzauslegungen gezogen werden können. Grundsätzlich raten wir Energieversorgern, nicht gleich deutschlandweit Smart Grid einzuführen, sondern zunächst Schwerpunktstationen zu definieren, an denen voraussichtlich hohe Belastungen auftreten werden, um dort zeitnah nachzurüsten. Bei Neustationen kann gleich die erforderliche Messtechnik eingebaut werden. Aber auch eine Nachrüstung bestehender Stationen ist kein aufwändiges Unterfangen. Hier bieten wir Messgeräte mit entsprechenden Kabeln und Rogowski-Spulen, die in weniger als fünf Minuten installiert sind. So können im Handumdrehen Langzeitmessungen vorgenommen werden, um eine entsprechende Analyse durchführen und Maßnahmen treffen zu können.

Sie bieten viele für den Schaltanlagenbau interessante Lösungen: angefangen bei Ihren Sasilplus Lasttrennschaltern und KETO NH-Sicherungslasttrennschaltern, über Ihre NH-Sicherungslastschaltleisten, bis hin zu Ihren Messgeräten und der Gehäusetechnik. Was würden Sie als die Hauptvorzüge dieser Produkte benennen, bzw. gibt es eine bestimmte Philosophie und Strategie, die Jean Müller GmbH Elektrotechnische Fabrik bei der Entwicklung neuer Lösungen zugrunde legt?

Berthold: Wir glauben, dass der Hauptnutzen für unsere Kunden in der ungeheuren Breite unseres Angebotsspektrums liegt. Und hier spreche ich von Lösungen, die wir tatsächlich selber fertigen und nicht nur zukaufen. Durch diese technische Durchdringung des Angebotsspektrums im Detail können wir dem Kunden die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Produkten erläutern und ihn damit optimal in der Gesamtlösung beraten. Also: Was ist die Ursache für ein Fehlverhalten, wie sind die Wechselwirkungen zwischen einzelnen Komponenten, was muss ich beachten? In dieser Breite bietet meines Wissens kein anderes Unternehmen dieses Lösungsspektrum.

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