Innovative Produkte erfordern oft komplexe Fertigungsprozesse am Rand des technisch Machbaren. Vollprüfungen und hohe Ausschussraten sind häufige Folgen. Mit prädiktiver Qualitätssicherung auf Basis von Prozess- und Betriebsdaten lassen sich die anfallenden Kosten reduzieren. Dazu wird im Produktionstakt vorausschauend quasi in Echtzeit auf die Qualität der gefertigten Produkte geschlossen und so die Qualitätsregelschleife verkürzt. Am Beispiel eines Spritzgussprozesses für schwierige Bauteile lässt sich darlegen, welche Vorgehen, welche Architekturen und Werkzeuge zum Erfolg führen.
Soll dieser Aufwand reduziert und indirekt auf Basis der aktuellen Produktionsparameter eine automatisierte Gut-/Schlecht-Aussage getroffen werden, sind zunächst alle denkbaren Einflussgrößen zu betrachten. In erster Linie sind dies natürlich die Parameter des Spritzgussprozesses selbst, wie die verschiedenen Einspritzdrücke und Temperaturen des aufgeschmolzenen Materials in der Werkzeugform. Diese Parameter regelt jede Spritzgussanlage selbst innerhalb spezifizierter Grenzen, was aber sporadisch trotzdem zu Produktionsausschuss führt. In der Tat haben zahlreiche weitere Parameter Wechselwirkungen auf die Produktqualität. Von aktuellen Eigenschaften des eingesetzten Materials wie Feuchtegehalt und Lagertemperatur über die aktuellen Werte der Hallenklimatisierung bis hin zur Einsatzhistorie des Spritzgusswerkzeuges reicht die noch lange nicht vollständige Liste. Für einen datenbasierten Lösungsansatz ist es sinnvoll zunächst alle greifbaren Parameter – unabhängig davon, ob ihr Einfluss offensichtlich ist oder nur theoretisch vermutet wird – zu akquirieren. Neben der Erfassung von Online-Daten aus bestehenden Systemen sind hier auch viele Offline-Datenquellen relevant, beispielsweise aus Schichtbüchern, Material- und Bauteil-Bemusterungen oder Qualitätsmeldungen aus nachgelagerten Prozessen. Als nächster Verarbeitungsschritt in der digitalen Wertschöpfungskette schließt sich die automatisierte Bereinigung und Harmonisierung der erfassten Daten an. Datenspeicherung, Analysefunktionen, Entscheidungsaufbereitung und Visualisierungen für die Anwender sind weitere Schritte der Verarbeitungskette.
Um eine industriell einsetzbare Plattform einzurichten, muss diese Verarbeitungskette verschiedenen Kriterien genügen. Neben einem modularen Aufbau und möglichst den Verzicht auf proprietäre Software ist eine hohe Skalierbarkeit für die echtzeitnahe Verarbeitung großer Datenmengen erforderlich. Weiterhin müssen – nicht nur für dieses Beispiel der vorausschauenden Qualitätssicherung – Werkzeuge für die Erstellung valider Prognosemodelle verfügbar sein. Als technologische Plattform bietet sich das Apache Hadoop Ökosystem an, das als freie Software-Lizenz verfügbar ist. Aus diesem Ökosystem sind für den genannten Anwendungsfall nur einige Komponenten erforderlich. Als wesentlichen Baustein ist Kafka-Streaming zu nennen mit dem sich große Datenmengen in Echtzeit akquirieren und an die eigentlichen funktionalen Anwendungen weitergeben lassen. Die Daten aus den verschiedenen – in der industriellen Praxis recht heterogenen – Quellen zu bereinigen und zu harmonisieren übernehmen dabei sogenannte Producer. Die Datenweitergabe erfolgt durch Bausteine, die sich Consumer nennen. Eine Schema Registry enthält dabei stets den aktuellen semantischen Bezug zwischen den Daten. Durch diese modulare Architektur lässt sich die Plattform leicht an die Erfordernisse verschiedener Fertigungsprozesse anpassen. Das Erstellen valider Prognose-Modelle erfordert teilweise lange Betrachtungszeiträume des Produktionsgeschehens. Um Daten dafür vorzuhalten, bietet sich Couchbase an, eine NoSQL-Datenbank, die insbesondere bei den in der Produktion häufig vorkommenden langen Prozesswertreihen deutliche Performance-Vorteile bietet. Mit Spark Machine Learning, der Statistik-Sprache R und fallweise mit Hilfe von SQL-Programmierung, werden aus dieser Datenbank die Prognose-Modelle erstellt und bei Bedarf den aktuellen Produktionsprozessen angepasst. Diese Modelle finden nun ihre Anwendung in dem Echtzeitdatenstrom, sodass bei Qualitätsabweichungen Fertigungseingriffe sofort ausgelöst oder Mitarbeiter benachrichtigt werden können.
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