Fraunhofer-Studie

Digitale Plattformen in der Industrie

Das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) hat im Rahmen einer Studie untersucht, wie Plattformen in der Industrie angekommen sind. Demnach nutzt etwa ein Drittel der Betriebe im Verarbeitenden Gewerbe ‘digitale Marktplätze‘.

(Bild: ©BI-pressmaster / Fotolia.com)

Digitale Plattformen – etwa für den Verkauf gebrauchter Konsumprodukte oder zum Anmieten privater Unterkünfte – erfreuen sich unter Privatpersonen großer Beliebtheit und sind für die Betreiberunternehmen äußerst lukrativ. Das dahinterstehende Geschäftsmodell ist daher auch für die Industrie (B2B) interessant. Welche Plattformtypen derzeit existieren, wie verbreitet sie sind und ob sie sich für die Betriebe ökonomisch rechnen, ist derzeit schwer zu überblicken. Mittels einer Auswertung der institutseigenen repräsentativen Betriebsbefragung ‘Modernisierung der Produktion‘ 2018 sowie einer Expertenbefragung geht das Fraunhofer ISI diesen Fragen auf den Grund.

30 Prozent nutzen Transaktionsplattformen

Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) in Auftrag gegebene Studie ‘Die volkswirtschaftliche Bedeutung von digitalen B2B-Plattformen im Verarbeitenden Gewerbe‘ zeigt, dass sich die Plattformen in den traditionellen Strukturen des Verarbeitenden Gewerbes etabliert haben: So nutzten 30 Prozent der deutschen Industriebetriebe im vergangenen Jahr sogenannte ‘Transaktions-Plattformen‘, um ihre Produkte zu vertreiben oder ‘Internet of-Things-Plattformen‘ für digitale Dienstleistungen in der Produktion. Neun Prozent der Unternehmen nutzten sogar beide Plattformtypen. Aktuell lassen sich jedoch nur geringe Umsatzeffekte damit erzielen, lediglich avancierte Plattformnutzer weisen einen im Schnitt höheren Innovations- sowie Dienstleistungsumsatz auf als andere Betriebe. Aus den daraus entstehenden Umsatzeffekten lässt sich errechnen, dass das Plattformgeschäft einen Anteil von 1,5 Prozent an der gesamten Bruttowertschöpfung des Verarbeitenden Gewerbes ausmacht.

Weitere Unternehmen steigen ein

Die Studienautoren gehen davon aus, dass die Plattformnutzung zunehmen wird, da bis 2021 weitere 15 Prozent der Betriebe ins Plattformgeschäft einsteigen wollen, was eine zusätzliche Innovations- und Dienstleistungsneigung der Industrie mit sich bringen könnte. Neben den Chancen weist die Studie auch auf Herausforderungen durch das B2B-Plattformgeschäft hin: So könnten Transaktions-Plattformen, die eher von Unternehmen mit einem kleinen und einfach gestrickten Produktportfolio genutzt werden, zu einem stärkeren Wettbewerb führen, da sie günstigeren Anbietern aus Schwellenländern einen leichteren Marktzugang verschaffen. Zur vermehrten Nutzung von IoT-Plattformen, auf die eher Hersteller komplexerer Produkte mit kleineren Losgrößen zurückgreifen, brauche es hingegen einen radikalen Kulturwandel auf Betriebsebene hin zu einer stärker datenbasierten und geschäftsmodellorientierten Sichtweise. Auch die Monopolposition einzelner global bekannter Plattformbetreiber könnte sich zukünftig als herausfordernd erweisen, da produzierende Betriebe ihre Geschäftsmodelle an denen der großen Betreiber ausrichten müssen.

Vier Handlungsfelder

Im Zuge der Digitalisierung ist es für den Industriestandort Deutschland wichtig, die digitalen Wertschöpfungspotenziale zu realisieren und die Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes auf den digitalen Wandel vorzubereiten. Dazu wurden in der Studie vier dringliche Handlungsfelder identifiziert. Dazu erläutert Studienleiter Dr. Christian Lerch: „Erstens müssen die Industriebetriebe einen kulturellen Wandel weg von einer rein produktzentrierten Sichtweise anstoßen und den ökonomischen Wert von Daten und digitalen Geschäftsmodellen erkennen. Zweitens müssen Plattformbetreiber transparente Governance-Strukturen mit attraktiven Angeboten kombinieren, um eine kritische Masse an Plattformnutzern zu erreichen. Drittens sollte sich eine politische Förderung nicht auf Einzelunternehmen konzentrieren, sondern vielmehr auf Netzwerke, um hohe Skaleneffekte zu erzielen. Und viertens gilt es Schnittstellen zwischen verschiedenen digitalen Plattformen zu schaffen und gezielt zu fördern.“

Das könnte Sie auch interessieren

Der Nutzen neuer Technologien kommt nur dann zum Tragen, wenn diese von den Menschen mindestens toleriert, besser aber gesamtgesellschaftlich angenommen werden. Dafür braucht es Dialog und Möglichkeiten für gemeinsame Gestaltung. Welche Kommunikationsformate sich hierfür eignen und welche Wirkung sie bei den Beteiligten erzielen, das hat das Acatech-Projekt 'Technologischen Wandel gestalten' bei den Themen elektronische Patientenakte, digitale Verwaltung und Katastrophenschutz untersucht. Jetzt hat das Projektteam die Ergebnisse vorgelegt.‣ weiterlesen

Der Fachkräftemangel erfordert einen möglichst intelligenten und flexiblen Personaleinsatz. KI spielt dabei eine wichtige Rolle. Der Industriesoftware-Spezialist Augmentir zeigt sechs Ansatzmöglichkeiten auf.‣ weiterlesen

Eine aktuelle Studie von Reichelt Elektronik betrachtet den aktuellen Stand der Digitalisierung und stellt die Frage, wie Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern abschneidet.‣ weiterlesen

Können Roboter dabei helfen, dem Fachkräftemangel in der Logistik-Branche Herr zu werden? Der Branchenverband IFR meint ja - und zwar mit Hilfe von Robotik, die durch künstliche Intelligenz unterstützt wird.‣ weiterlesen

2023 blockierte Trend Micro mehr als 161 Milliarden Cyberbedrohungen weltweit - 10 Prozent mehr als im Jahr zuvor und fast 107 Milliarden mehr als noch vor fünf Jahren. Der Security-Spezialist berichtet zudem davon, dass Cyberkriminelle gezieltere Attacken setzen. Auch Cloud-Umgebungen rücken zunehmend in den Fokus.‣ weiterlesen

Künstliche Intelligenz (KI) lässt sich auch für die automatische Qualitätsüberwachung in Roboterschweißzellen nutzen. Oft fehlen hier jedoch Daten zum Trainieren und Ausführen der Algorithmen. Insbesondere für Bestandsanlagen existieren meist keine passenden Standardsysteme, da Geräte über uneinheitliche Datenmodelle und Schnittstellen verfügen. IoT-Baukästen können helfen.‣ weiterlesen

Nach Angaben der Eclipse Foundation verzeichnete die IoT-Einführung im Jahr 2023 einen sprunghaften Anstieg. 64 Prozent der Befragten setzen mittlerweile entsprechende Lösungen ein - ein Plus von 11 Prozentpunkten.‣ weiterlesen

Ein Forschungsteam vom Fraunhofer IPA und vom Campus Schwarzwald hat eine Roboterzelle aufgebaut, die Brennstoffzellen in Sekundenschnelle und automatisiert stecken kann. Brennstoffzellensysteme könnten so günstiger werden und den Verbrenner im Schwerlastverkehr ablösen.‣ weiterlesen

Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA und das Technologieunternehmen Q.ANT haben einen Vertrag zur Gründung des Kompetenz-Zentrums Mensch-Maschine-Schnittstelle unterzeichnet.‣ weiterlesen

Der Digitale Zwilling einer Produktionsanlage ermöglicht die Simulation des Verhaltens aktueller Konfigurationen. Die Implementierung neuer Produktionskonfigurationen kann so bereits im Vorfeld getestet werden. Die Integration der benötigten Simulationsmodelle einzelner Komponenten ist jedoch mit Aufwand verbunden. Hier kann die Verwaltungsschale helfen.‣ weiterlesen

Logicalis veröffentlicht seinen zehnten Jahresbericht, basierend auf den Erfahrungen von 1.000 CIOs weltweit. Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) und neue Cyberbedrohungen dominieren darin die Prioritäten der CIOs.‣ weiterlesen