Forschungsprojekt Perks

Eine Kollegin namens KI

Künstliche Intelligenz könnte in Zukunft dabei helfen, die Arbeit in Industriebetrieben sicherer, einfacher und produktiver zu machen. Das ist die Vision des europäischen Forschungsprojekts Perks, an dem auch die Wirtschaftsuniversität Wien (WU) beteiligt ist.

Bild: ©pickup/stock.adobe.com

Damit ein Industriebetrieb rund läuft, ist viel prozedurales Wissen nötig: So werden die Handgriffe und Prozesse bezeichnet, die es für die korrekte Bedienung und Wartung von Maschinen braucht – und die im Arbeitsalltag meistens wie automatisch passieren. Wie viel Knowhow hinter jedem Arbeitsschritt steckt, wird erst klar, wenn Beschäftigte ausfallen oder neu angelernt werden müssen: “Dieses Knowhow ist oft schwer zu erklären und nicht immer dokumentiert”, sagt Marta Sabou, Leiterin des Institute for Data, Process and Knowledge Management an der WU. “Und selbst wenn es irgendwo aufgeschrieben wurde, ist die Frage, ob man es auch findet, wenn man es braucht.” Dieses Knowhow besser zu dokumentieren und es einfacher verfügbar zu machen, ist das Ziel des europäischen Forschungsprojekts Perks. Der Plan: die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz nutzen, um die Arbeit in Industriebetrieben einfacher, produktiver und sicherer zu machen.

Natural Language Processing

Wie genau das funktionieren soll, erklärt Marta Sabou anhand eines Beispiels aus der Weißware-Fabrik von Projektpartner Whirlpool in Italien: “Die riesigen Maschinen, die dort in der Produktion eingesetzt werden, müssen korrekt abgeschaltet werden, wenn man sie reinigt, wartet und repariert. Dafür gibt es die sogenannte LOTO-Prozedur, also Log-Out-Tag-Out, bei der eine genaue Abfolge von Arbeitsschritten eingehalten werden muss, um die Sicherheit der Beschäftigten zu garantieren.” Die Anleitungen für dieses Prozedere seien manchmal auf Papier dokumentiert, manchmal in PDFs oder in anderen Dateien – und entscheidende Details sind oft nur im Kopf der Mitarbeitenden gespeichert.

Die Projektbeteiligten entwickeln eine KI, die mittels Natural Language Processing (NLP) alle diese Informationen sammelt und ordnet – ähnlich ChatGPT. Im nächsten Schritt soll dieses Wissen in möglichst einfacher Form verfügbar gemacht werden. Das österreichische Unternehmen Onlim entwickelt dafür etwa einen Chatbot, den neue Beschäftigte befragen können, wenn sie bei der Bedienung einer Maschine Hilfe brauchen.

Der Mensch im Mittelpunkt

Damit gehört das Projekt Perks zu einem neuen Forschungsgebiet, das mit dem Schlagwort ‘Industrie 5.0’ bezeichnet wird: “Als vor etwa zehn Jahren die Industrie 4.0 ausgerufen wurde, ging es vor allem um Automatisierung und Effizienzsteigerung – also darum, den Menschen möglichst aus den Prozessen herauszunehmen”, sagt Marta Sabou von der WU. Industrie 5.0 will das Gegenteil erreichen und den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Das Ziel von Perks ist also nicht nur besserer Wissenstransfer und damit höhere Effizienz. Es geht auch darum, die Unfallgefahr stark zu reduzieren und lästigen Papierkram zu vermeiden: “Wir wollen Technologie nutzen, um den Menschen zu unterstützen und seine Arbeit sicherer und angenehmer zu machen.” Ob diese Ziele erreicht werden können, wird sich am Ende der 30-monatigen Projektdauer zeigen. Mit ersten Ergebnissen ist also im Jahr 2025 zu rechnen.

Das könnte Sie auch interessieren

Die aktuelle Innovationserhebung des ZEW zeigt, dass die Ausgaben in diesem Segment 2024 einen neuen Höchststand erreicht haben. Der Dienstleistungssektor verzeichnet dabei größere Wachstumsraten als die Industrie.‣ weiterlesen

Die Eclipse Foundation unterstützt weltweit Entwickler und Organisationen im Bereich Open Source Software. Ende Oktober traf sich die Community in Mainz zur Konferenz Open Community Experience (OCX). Unser Redakteur Marco Steber (IT&Production/INDUSTRIE 4.0 & IIoT-MAGAZIN) war ebenfalls vor Ort und sprach mit Mike Milinkovich, Executive Director der Eclipse Foundation, über Möglichkeiten und Herausforderungen im Bereich Open Source Software - in der Industrie und auch darüber hinaus.‣ weiterlesen

Innovationsführerschaft und Wettbewerbsfähigkeit sind entscheidende Faktoren für den Erfolg eines Unternehmens. Die Kooperation mit Startups kann etablierte Unternehmen dabei unterstützen Innovationszyklen zu beschleunigen, neue Geschäftsmodelle zu etablieren oder Prozesse im Unternehmen effizienter zu gestalten. Das Venture-Client-Modell ist eine vergleichsweise neue Form der Zusammenarbeit mit Startups, und erweist sich als effektiver und effizienter als andere Corporate Venturing Modelle.‣ weiterlesen

Eine neue Studie des Capgemini Research Institute geht der Frage nach, wie es um Nachhaltigkeit bei der Nutzung generativer KI (GenAI) steht. Der Studie ‘Developing sustainable Gen AI’ zufolge hat GenAI erhebliche und zunehmende negative Aus­wirkungen auf die Umwelt.‣ weiterlesen

Ist die Industrie 4.0 eine Revolution? Aus Sicht des Fraunhofer Instituts für System - und Innovationsforschnung lautet die Antwort: nein. Die Forschenden kommen in ihrer Veröffentlichung zu dem Schluss, dass sich eher von einer Evolution sprechen lasse.‣ weiterlesen

Laut einer repräsentativen Umfrage des Bitkom nimmt die digitale Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft zu. Mit Blick auf die USA und China stellt dies die Unternehmen vor Herausforderungen.‣ weiterlesen