EU-Kommission legt zwei neue Gesetzgebungsvorschläge vor

Haftungsfragen beim KI-Einsatz

Nach fast 40 Jahren will die EU-Kommission die europäischen Haftungsvorschriften für fehlerhafte Produkte modernisieren und erstmals die Haftungsregeln für künstliche Intelligenz (KI) in der EU harmonisieren. Dazu hat sie zwei Gesetzgebungsvorschläge vorgelegt.

( Bild: ©The KonG/stock.adobe.com)

Die neuen Haftungsvorschriften für künstliche Intelligenz sollen den Unternehmen Rechtssicherheit schaffen, damit diese in neue Produkte investieren können. Zudem gehe es darum, dass Opfer angemessen entschädigt werden können, wenn fehlerhafte Produkte Schäden verursachen, heißt es Seitens der Kommission.

Geltende Vorschriften stärken

Mit der überarbeiteten Richtlinie will die Kommission die geltenden Vorschriften auf der Grundlage der verschuldensunabhängigen Haftung der Hersteller für die Entschädigung von Personenschäden, Sachschäden oder Datenverlusten, die durch unsichere Produkte verursacht werden, modernisieren und verstärken. Die Richtlinie soll sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher durch folgende Elemente faire und berechenbare Vorschriften bieten:

  • Modernisierung der Haftungsvorschriften für kreislauforientierte Geschäftsmodelle: Sicherstellung, dass die Haftungsvorschriften für Unternehmen, die ihre Produkte wesentlich verändern, klar und gerecht sind.
  • Modernisierung der Haftungsvorschriften für Produkte im digitalen Zeitalter: Schadensersatz für Schäden, die entstehen, wenn Produkte wie Roboter, Drohnen oder Smart-Home-Systeme durch Software-Updates, KI oder digitale Dienste, die für den Betrieb des jeweiligen Produkts erforderlich sind, unsicher gemacht werden, und wenn die Hersteller Schwachstellen im Bereich der Cybersicherheit nicht beheben.
  • Schaffung einheitlicherer Wettbewerbsbedingungen für Hersteller in der EU und in Nicht-EU-Ländern: Wenn Verbraucher durch unsichere Produkte, die von außerhalb der EU eingeführt werden, zu Schaden kommen, können sie sich bezüglich des Schadensersatzes an den Importeur oder den EU-Vertreter des Herstellers wenden.
  • Gleichstellung der Verbraucher mit den Herstellern: Verpflichtung der Hersteller zur Offenlegung von Beweismitteln, mehr Flexibilität bei den Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen und Erleichterung der Beweislast für die Opfer in komplexen Fällen, z.B. im Zusammenhang mit Arzneimitteln oder KI.

Der Zweck der Richtlinie über KI-Haftung bestehe darin, so die Kommission, einheitliche Regeln für den Zugang zu Informationen und die Erleichterung der Beweislast im Zusammenhang mit durch KI-Systeme verursachten Schäden festzulegen, indem ein umfassenderer Schutz für Opfer (sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen) eingeführt und der KI-Sektor durch Stärkung der Garantien gefördert werde. Durch die Richtlinie werden bestimmte Vorschriften für Ansprüche, die nicht in den Anwendungsbereich der Produkthaftungsrichtlinie fallen – in Fällen, in denen Schäden durch Fehlverhalten verursacht werden – harmonisiert. Dies umfasst etwa Verletzungen der Privatsphäre oder durch Sicherheitsprobleme verursachte Schäden. Mit den neuen Vorschriften werde es etwa leichter, so die Kimmission, Schadensersatz zu erhalten, wenn jemand in einem Einstellungsverfahren, bei dem KI-Technologie zum Einsatz kam, diskriminiert wurde. So wird das rechtliche Verfahren für Opfer vereinfacht, wenn es darum geht, nachzuweisen, dass das Verschulden einer Person zu einem Schaden geführt hat. Dies soll durch die Einführung von zwei Elementen erreicht werden:

  • •  in Fällen, in denen ein Verschulden festgestellt wurde und nach vernünftigem Ermessen von einem ursächlichen Zusammenhang mit der KI-Leistung ausgegangen werden kann, greift die so genannte ‘Kausalitätsvermutung’. Opfer müssen bisher detailliert erklären, wie der Schaden verursacht wurde. Dies kann im Falle von KI-Systemen besonders schwierig sein.
  • •  Geschädigte werden über mehr Instrumente verfügen, um rechtliche Entschädigung zu verlangen. So wird in Fällen, in denen Hochrisiko-KI-Systeme betroffen sind, ein Recht auf Zugang zu Beweismitteln im Besitz von Unternehmen und Anbietern eingeführt.

Mit den neuen Vorschriften werde ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Schutz der Verbraucher und der Förderung von Innovationen hergestellt, so die Kommission. Zugleich würden zusätzliche Hindernisse für Opfer beim Zugang zu Schadensersatz beseitigt und Garantien für den KI-Sektor festgelegt.

 

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