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Besser arbeiten dank künstlicher Intelligenz

Arbeiten im Flow

KI-basierte Kompetenz-Assistenzsysteme sollen künftig helfen, konzentrierte Arbeitsphasen zu erhalten und Anstöße zur persönlichen und beruflichen Kompetenzentfaltung zu geben.


Nicht nur Künstler haben Schaffensphasen. Auch am Arbeitsplatz können Menschen so in Tätigkeiten aufgehen, dass sie in einen konzentrierten Zustand – den ‘Flow’ – kommen, der zu mehr Wohlbefinden, Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit führen kann. Diesen Zustand zu erhalten oder herzustellen, darum geht es in dem vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) koordinierten Projekt ‘Kern’. Es entwickelt ein Assistenzsystem, welches den Flow dank KI anhand von Herzfrequenz oder Hautleitwert erkennt. Ziel ist es, Störungen abzuschirmen oder Kompetenzen aufzubauen, die den Flow fördern. “Die Automatisierung und die fortschreitende Digitalisierung der Wertschöpfungsketten verändert die Arbeitswelt rasant”, sagt Professor Alexander Mädche vom KIT. “Modernes Kompetenz- und Bildungsmanagement muss Mitarbeiter bei der zielgerichteten Entwicklung und dem Einsatz ihrer Kompetenzen am Arbeitsplatz kontinuierlich unterstützen.”

Mensch im Mittelpunkt

Das Projekt Kern (Kompetenzen entwickeln und im Zeitalter der Digitalisierung richtig nutzen) konzipiert Kompetenz-Assistenzsysteme (KAS) für die Arbeitswelt der Zukunft und verwendet Methoden künstlicher Intelligenz (KI). Im Mittelpunkt steht der Mensch. Er ist am zufriedensten und produktivsten, wenn er ungestört ‘seiner’ Tätigkeit nachgehen kann und seine Fähigkeiten optimal zu den Anforderungen seiner Tätigkeit passen, so die Grundannahme des Projekts. Ein wichtiger Bestandteil ist deshalb der Flow eines Menschen. Diesen muss man aber erst zuverlässig erkennen können. Im Projekt tragen Testpersonen am Arbeitsplatz Sensoren in Armband oder Brustgurt, die beispielsweise Herzfrequenz oder Hautleitwert messen. Diese physiologischen Daten sind komplexe Muster, die von Person zu Person stark variieren können. Neuartige Ansätze aus dem Bereich KI sind erforderlich, um Muster des Flows in Echtzeit zu erkennen. Erst vor Kurzem gelang einer Arbeitsgruppe am KIT die Klassifikation von Flow auf der Basis physiologischer Daten mit einem neuroevolutionären Deep-Learning-Ansatz. Auf dieser Basis wird ein Prototyp eines KI-basierten KAS entwickelt, das situationsbezogenes Feedback geben soll. Je nach Nutzungswunsch könnte dies so weit gehen, dass z.B. E-Mails und Benachrichtigungen auf eine Art zugestellt würden, die den Flow nicht stört. Erkennt das System, dass das produktive Arbeiten längerfristig gestört ist, etwa weil die Aufgaben nicht mehr dem Kompetenzprofil der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters entsprechen, macht es Vorschläge zur persönlichen Kompetenzentwicklung. Das Projekt konzipiert Bildungsformate sowohl zur Aufgabenbewältigung als auch zur strategischen Personalentwicklung.

Von Tipps bis zur persönlichen Beratung

Diese können von Kurzmeldungen mit Alltagstipps, über einen digitalen Assistenten bis hin zur persönlichen Beratung durch einen menschlichen Experten reichen. Analog zu Navigations-Assistenzsystemen im Auto geben KI-basierte KAS situationsabhängige Handlungsempfehlungen, z.B. durch den Vorschlag konkreter Lern- oder Arbeitseinheiten. Die finale Entscheidung für die Auswahl liegt jedoch stets bei den Beschäftigten. Systeme, die in Echtzeit aufgrund von physiologischen Daten die Beschäftigen unterstützen und beraten, bieten große Innovationsmöglichkeiten für die digitale Lebens- und Arbeitswelt. Gleichzeitig greifen sie aber auch in die Privatsphäre ein. Das Projekt loten daher in einem gemeinsamen Prozess die Belegschaft, deren Vertretung und die Unternehmensleitung auch Lösungen und Leitplanken der sich entwickelnden Technologie aus. Das Projekt wird vom KIT koordiniert und in Zusammenarbeit mit den Partnern SAP SE, TÜV Rheinland Akademie GmbH, Campusjäger GmbH und B. Braun Melsungen durchgeführt. Es wird im Rahmen der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) vom BMAS mit 1,36Mio.€ gefördert.

 

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