Mit schnellen Schritten zur Smart Factory

„Früher waren 60 bis 70 Prozent unserer Erzeugnisse Standardprodukte, die auf Lager gefertigt und aus dem Katalog bestellt wurden“, sagt Stefan Meffert, Geschäftsführer bei Apra-norm Elektromechanik. Heute dagegen würden von den Kunden zunehmend individuelle Lösungen verlangt – bis hin zur Losgröße 1.

Die Organisation der Fertigung nach den Prinzipien von Industrie 4.0 beschäftigt das Unternehmen deshalb schon seit 2015. Die Untertnehmensgruppe stellt mit ihren verschiedenen Tochterfirmen Elektronikgehäuse und Schaltschränke für diverse Anwendungen der Elektronikindustrie, der Mess-und Regeltechnik sowie der Sicherheits-, Informations-und Medizintechnik her. Die Produktpalette reicht von Tisch- und Computergehäusen bis hin zur komplexen Schranktechnik.

Individuelle Frontplatten

Um besser auf Kundenwünsche eingehen zu können, wurde ein Online-Konfigurator entwickelt. Damit können sich die Kunden eine individuelle Frontplatte für ihr Gehäuse oder den Schaltschrank zusammenstellen. Sie haben dazu eine umfassende Auswahl an Formen, Materialstärken, Abmessungen und Oberflächenbehandlungen. Zudem ist es möglich, seine eigene Frontplatte zu zeichnen und mit den gewünschten Bohrungen, Durchbrüchen und Frästaschen zu versehen. Per Webbrowser ist die Gestaltung mit Hilfe des Programms in wenigen Minuten möglich. Die dabei erzeugten CAD-Daten werden dann an die ERP-Komplettlösung ProAlpha übermittelt. Das ERP-System nutzt die Online-Informationen zum Erstellen eines Angebotes und überträgt sie später über die Integration Workbench (INWB) an die produzierende Fräsmaschine. Denn mit dieser Integrationsplattform lassen sich ganz unterschiedliche Systeme miteinander vernetzen und Prozessketten sicher schließen. “Dadurch setzen wir unsere Idee von einem digitalen Auftragssystem in die Tat um”, sagt Meffert.

Automatisierte Informationsflüsse

“Industrie 4.0 kann man nicht von der Stange kaufen. Es ist ein für jede Firma angepasster Prozess, der schrittweise stattfindet und uns noch die nächsten Jahrzehnte beschäftigen wird”, erklärt Apra-norm Geschäftsführerin Sabine Rademacher-Anschütz. Eine entscheidende Rolle spielten dabei auch die Mitarbeiter. Deshalb werden die Beschäftigten des Unternehmen motiviert, sich den neuen Herausforderungen zu stellen und in der Veränderung eine Chance zu sehen. “Um den digitalen Wandel unseres Unternehmens voranzutreiben, ersetzen wir Schritt für Schritt manuelle Abläufe durch automatisierte Informationsflüsse”, beschreibt Markus Demary, Leiter Lager & Logistik bei Apra-norm, die Unternehmensstrategie. So sorgt in der Intralogistik ein elektronisches Kanban-Regalsystem für C-Teile inzwischen dafür, dass die passenden Schrauben oder Bolzen immer ausreichend zur Verfügung stehen, wenn sie für die Montage der Schaltschränke benötigt werden. Dazu stehen mehrere Dutzend Behältnisse mit den Kleinteilen in einem Regal jeweils auf einer Waage. Wenn das Gewicht durch die Entnahme eine bestimmte Schwelle unterschreitet, wird automatisch Nachschub geordert. Dazu findet in der Nacht ein Abgleich zwischen dem elektronischen Kanban-System und den erfassten Beständen im ProAlpha-Modul Materialwirtschaft statt, das bei Bedarf auch gleich die Bestellung beim jeweiligen Lieferanten auslöst. “Die klassische Lieferkette mit aufeinanderfolgenden Abläufen hat bald ausgedient, in Zukunft werden Informationen eher netzwerkartig ausgetauscht”, prognostiziert Demary. Diese Entwicklung gelte auch für die internen Fertigungsinformationen, die den Mitarbeitern jeweils maßgeschneidert und optisch aufbereitetet zur Verfügung gestellt werden.

Mehr als 30 Business-Cockpits

Schon heute nutzt das Unternehmen über 30 unterschiedliche Business-Cockpits, um Informationen aus dem ERP-System unterschiedlichen Nutzergruppen personalisiert bereitzustellen. Realisiert werden sie mit der ProAlpha-Partnerlösung QlikView, mit deren Hilfe sich Daten aus unterschiedlichen Quellen anwenderfreundlich visualisieren lassen. Die Lösung zieht dafür im Hintergrund die Fäden. Sie steuert die vernetzten Produktionsprozesse, nimmt Statusmeldungen aus Fertigung und Logistik entgegen und leitet daraus die richtigen Schlüsse ab. Durch Scannen der Werkstücke an den Arbeitsstationen entsteht eine Durchgängigkeit vom Zeichnungssatz bis zur Eingabe in die Maschine – und das ohne Fehler. Apra hat bereits eine Reihe weiterer Industrie-4.0-Vorhaben in Angriff genommen: So sollen zur Optimierung einer Fertigungsanlage die Daten von dort digital abgegriffen und über die Integrationsplattform INWB direkt von ProAlpha übernommen werden. Auch sind noch nicht alle Logistiklösungen mit dem ERP-System integriert. Und Schnittstellen zur Maschinenprogrammierung sollen ebenfalls für mehr Durchgängigkeit der Prozessketten sorgen. Die Apra-Gruppe engagiert sich auch im Mittelstand-4.0-Kompetenzzentrum in Kaiserslautern, das den Gedanken der intelligenten Fabrik voranbringen will. “Es geht hier darum, dass wir mit unserem Beispiel anderen Unternehmen aus der Region die Wichtigkeit des Themas Industrie 4.0 klarmachen wollen”, sagt Sabine Rademacher-Anschütz. Der digitale Wandel in der Fertigung sei kein Marketing-Schlagwort, sondern damit könnten sich auch mittelständische Unternehmen für die Zukunft wappnen. Allerdings müssten sich dazu Prozesse, Technologien und auch die Mitarbeiter verändern. Eine Alternative dazu gebe es nicht.

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