Forschungsprojekt H2FastCell

Roboter stecken Brennstoffzellen in Sekundenschnelle

Ein Forschungsteam vom Fraunhofer IPA und vom Campus Schwarzwald hat eine Roboterzelle aufgebaut, die Brennstoffzellen in Sekundenschnelle und automatisiert stecken kann. Brennstoffzellensysteme könnten so günstiger werden und den Verbrenner im Schwerlastverkehr ablösen.

Bild: Fraunhofer IPA/Rainer Bez

Bislang werden Brennstoffzellenstacks manufakturartig gefertigt, also mit viel Handarbeit und entsprechend zeitaufwendig. „Wenn Brennstoffzellen im Schwerlastverkehr den Verbrenner ablösen sollen, müssen sie in industrieller Massenproduktion, weitgehend automatisiert und entsprechend kostengünstig hergestellt werden“, sagt Erwin Groß von der Abteilung Unternehmensstrategie und -entwicklung am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA.

Fertig in 13 Minuten

Dies ist nun einem Forschungsteam vom Fraunhofer IPA und vom Centrum für Digitalisierung, Führung und Nachhaltigkeit Schwarzwald (Campus Schwarzwald) nun im Projekt ’H2FastCell’ gelungen. Pro Sekunde legt ein Roboter-System eine Bipolarplatte oder Membran-Elektrodeneinheit — aus diesen beiden Schichten besteht eine Brennstoffzelle — auf dem Brennstoffzellenstack ab. Ein Stack, der aus 400 einzelnen Brennstoffzellen zusammengesetzt ist, ist also schon nach etwa 13 Minuten fertig. Die manuelle Produktion würde dafür ein Vielfaches der Zeit benötigen.

Ein weiteres Kriterium für die industrielle Massenproduktion von Brennstoffzellenstacks ist Präzision. Kleinste Abweichungen können die Leistung des Brennstoffzellensystems mindern. Deshalb schichten die beiden Roboter parallel zwei Brennstoffzellenstacks auf. Registrieren ihre Kameras bei der Qualitätskontrolle winzige Abweichungen bei Form und Größe, ordnen sie die Bipolarplatte oder Membran-Elektrodeneinheit dem jeweils passenden Stack zu. „Mit diesem Best-Fit-Ansatz reduzieren wir den Ausschuss, den Hersteller bisher beklagen“, sagt Friedrich-Wilhelm Speckmann vom Zentrum für Digitalisierte Batteriezellenproduktion am Fraunhofer IPA. Er hat das Forschungsprojekt zusammen mit Erwin Groß geleitet.

Digitaler Zwilling dokumentiert Montage

Geschwindigkeit und Präzision stellen besondere Anforderungen an die Hardware der beiden Roboter und den Aufbau der gesamten Zelle. So bestehen die eigens für das Forschungsprojekt entwickelten Sauggreifer aus carbonfaserverstärktem Kunststoff, damit die Masse, die beschleunigt und abgebremst werden muss, möglichst gering ist. Um zu verhindern, dass die Roboter oder die Einhausung durch die schnellen Bewegungen in Schwingungen versetzt werden, stabilisiert eine schwere Bodenplatte die Roboterzelle. Denn jede Schwingung beeinträchtigt die Bildgebung und erschwert das präzise Greifen und Ablegen. Aus diesem Grund sind die Kameras separat befestigt und nicht mit der Einhausung verbunden.

Ein Digitaler Zwilling dokumentiert die Hochgeschwindigkeitsmontage der Brennstoffzellenstacks in Echtzeit. Mit den daraus gewonnenen Daten lässt sich einerseits simulieren, wie sich die fertigen Stacks später verhalten. Anderseits kann mit den Daten eine Simulation durchgeführt werden, die bei der Qualitätskontrolle der Bipolarplatten und Membran-Elektrodeneinheiten zum Einsatz kommt.

Die fertige Roboterzelle befindet sich auf einem Versuchsfeld des Campus Schwarzwald in Freudenstadt und soll künftig vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen als Prüfstand für Produkttests dienen.

Am Forschungsprojekt waren neben dem Fraunhofer IPA und dem Campus Schwarzwald fünf Unternehmen aus Baden-Württemberg beteiligt: der Softwareentwickler ISG Industrielle Steuerungstechnik, der Vakuumtechnikhersteller J. Schmalz, der Sensorproduzent I-Mation, der Maschinen- und Anlagenbauer Teamtechnik Maschinen und Anlagen und der Automatisierungstechniker Weiss. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg hat H2FastCell mit rund 2,3Mio.€ gefördert.

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