MVO statt MRL

Was bedeutet die EU-Maschinenverordnung für Unternehmen?

Betriebs- und Produktionsleiter müssen sich seit Juli 2023 mit neuen Vorgaben zur Maschinensicherheit befassen. Die EU-Maschinenverordnung 2023/1230 (MVO) ersetzt die bisherige Maschinenrichtlinie (MRL). Sie erweitert den Kreis der Betroffenen, liefert einheitliche Begriffe und passt die Anforderungen an den Stand der Technik an. Zudem erfasst das Gesetz nun auch die Digitalisierung.

 (Bild: TÜV Süd AG)

(Bild: TÜV SÜD AG)

Die Maschinenverordnung ist mit rund 300 Seiten deutlich umfangreicher als die mittlerweile 14 Jahre alte Richtlinie. Eine Revolution ist sie nicht. Die Anforderungen an die Maschinensicherheit bleiben im Kern die gleichen. Gleichwohl enthält die Verordnung zahlreiche Konkretisierungen und neue Definitionen. Das fängt bereits an mit der Liste der als Wirtschaftsakteure bezeichneten Betroffenen: Ausdrücklich genannt sind Händler, Importeure und Bevollmächtigte. Betreiber sind jedoch indirekt eingeschlossen, weil sie rechtlich zu Händlern werden, wenn sie Gebrauchtmaschinen weiterverkaufen. Dieser Logik folgend umfasst die neue Verordnung die gesamte Lieferkette.

Der Begriff Wirtschaftsakteure zeigt, dass die MVO dem Konzept des New Legislative Framework (NLF) folgt. Damit vereinheitlicht die EU Standards, z.B. die Vorgaben für Konformitätsbewertungen, die Akkreditierung von Prüforganisationen oder die Marktüberwachung.

Von der digitalen Betriebsanleitung bis zur KI

Die fortschreitende Automatisierung und Vernetzung haben neue Sicherheitsrisiken geschaffen. Diese wurden bislang durch die MRL nicht ausdrücklich erfasst. Deshalb ist das Thema Digitalisierung die entscheidende inhaltliche Neuerung der MVO. Sie erlaubt künftig, Dokumente wie Betriebsanleitungen oder Konformitätserklärungen online bereitzustellen. Vorausgesetzt wird ein Hinweis auf dem Produkt selbst oder in den ausgedruckten Begleitunterlagen, wo die digitalen Unterlagen zu finden sind. Die Dokumente müssen von jedem Endgerät zugänglich und druckbar sein, sowie mindestens 10 Jahre vorgehalten werden. Zudem muss den zuständigen Behörden auf Nachfrage eine ausgedruckte Version der Unterlagen ausgehändigt werden.

Der Einsatz künstlicher Intelligenz muss fortan in der Risikobewertung berücksichtigt werden. So werden Risiken adressiert, die überhaupt erst durch KI-Systeme entstehen. Betroffen davon sind sogenannte autonome bzw. hochautomatisierte Maschinen. KI-Systeme, die Sicherheitsfunktionen steuern, sowie Maschinen, in die solche Systeme integriert sind, sind mit höheren Betriebsrisiken verbunden. Für diese in Anhang I Teil A und Teil B der MVO gelistete Produktklasse gelten besondere Anforderungen an das Konformitätsbewertungsverfahren: Insbesondere für Produkte, die im Teil A zu finden sind, ist eine benannte Stelle hinzuzuziehen, eine interne Fertigungskontrolle genügt nicht. Hersteller autonomer Maschinen müssen in die Risikobewertung auch jene Risiken einfließen lassen, die sich erst nach dem Inverkehrbringen aus dem autonomen, also KI-gestützten Einsatz ergeben.

Berücksichtigt Cybersicherheit

Neben KI-gestützten Maschinen(-teilen) wie Industrierobotern gehören auch Fahrzeughebebühnen zu dieser Gruppe. Die Liste ist nicht abschließend. Die Europäische Kommission kann den Anhang I mittels Rechtsakten immer wieder dem Stand der Technik anpassen. Ein höheres Betriebsrisiko geht in der Regel mit einer aufwändigeren Konformitätsbewertung einher. Unter Umständen muss auch eine benannte Stelle hinzugezogen werden. Diese Fälle sind in Anhang I Teil A beschrieben, oder auch im Teil B, sofern keine harmonisierte Produktnorm existiert.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Digitalisierung ist die Cybersecurity. Die MVO geht insofern darauf ein, als dass sie ausdrücklich die Korrumpierungssicherheit gegen Online-Zugriffe fordert. Hersteller müssen also Maßnahmen ergreifen, die verhindern, dass die Verbindung mit externen Datenträgern oder internetbasierten Fernsteuerungen zu gefährlichen Situationen führt. Die Regelungen sind Teil der Cyberstrategie der EU.

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