Zehn Jahre Industrie 4.0: Erfolgs- oder Auslaufmodell

(Bild: Bild: Proalpha Business Solutions GmbH)

Lösungen und Handlungsempfehlungen

Es gilt nun, den Rückstand in der Digitalisierung aufzuholen und den Bedürfnissen der Endkunden gerecht zu werden. Damit dies gelingen kann, müssen sich Unternehmen nicht nur mit Digitalisierungsinitiativen in der Fabrikhalle oder im Büronetzwerk auseinandersetzen, sondern sich auch mit digitalen Geschäftsoptionen und Services beschäftigen. Dazu gehört neben der Identifizierung von neuen Mehrwertdiensten auch die Entwicklung von Lösungen, die das eigene Produkt- und Serviceportfolio plattformkompatibel machen. Es sollten außerdem Konzepte und Pläne zur Optimierung und Digitalisierung der Wertschöpfungsketten in der Smart Factory auf den Tisch kommen – mit einem Fokus darauf, welche Produkte und Services das Unternehmen digitalisieren und zur Marktreife bringen kann.

Ein Beispiel: Ein Maschinenanlagenbauer kann über digitale Mehrwertdienste einerseits den Ressourceneinsatz beim Kunden optimieren sowie auch weiteren gewinnbringenden Output generieren – etwa indem er eine Vergütung nach Gutstückfertigung (ein klassisches Product-as-a-Service-Modell) oder nach Kubikmeter Druckluft einführt. Neben einem flexiblen und kundennahen Verkaufs- und Nutzungsmodell für den Endkunden kann der Maschinenanlagenbauer außerdem von einem zielgerichteteren After-Sales profitieren. Bei Mehrwertdiensten ist die Auseinandersetzung mit Kundenbedürfnissen, aber auch mit der eigenen Herangehensweise zwingend. Entscheider sollten vor allem ihre eigenen Stärken im Vergleich zu anderen Anbietern reflektieren und sich bei der Entwicklung des eigenen Geschäftsmodells auf den Mehrwert des Services für den Endkunden fokussieren. Netflix und Amazon haben es im Consumer-Bereich vorgemacht. Nun ist die B2B-Industrie an der Reihe. Ein dreistufiger Ansatz soll dabei helfen:

  • •  Das Marktsegment definieren: Den Markt nach anwendungsspezifischen Charakteristika wie der Unternehmensgröße der Kunden, IT-Affinität, digitalem Reifegrad der Kunden sowie deren Prozess-Knowhow segmentieren.
  • •  Den Mehrwert für den Kunden aufzeigen: Der Segmentierung folgt eine ausführliche Betrachtung und Definition des Mehrwerts aus Kundensicht.
  • •  Das eigene Geschäftsmodell festlegen: Zuletzt muss das bestmögliche Geschäftsmodell zielgruppenspezifisch festgelegt werden, dessen Alleinstellungsmerkmal gegenüber Wettbewerbern klar definiert und der technologische Vorsprung sowie die Risiken bewertet werden.

Entscheidend bei der Entwicklung einer übergreifenden Digitalstrategie sind auch die Basics. Dass IT- und organisationsspezifische Fundament sollte auf einem soliden Stand sein. Egal ob IT-, ERP-, MES-, Finanzbuchhaltungs- oder Planungs-Systeme – sie alle müssen in einen ordentlichen Zustand gebracht werden. Nur dann können Unternehmen die Prozesse in der eigenen Organisation optimieren und auch entsprechend an den Daten arbeiten – diese also für die eigenen Geschäfte verwertbar machen.

Fazit: Die digitale Transformation fängt bei Entscheidern an

Die digitale Transformation der Industrie muss mittels überzeugender Geschäftsmodelle weiter vorangetrieben werden. Entscheidend ist nicht mehr nur, wer Maschinen und Anlagen mit der größtmöglichen technischen Finesse bauen und seine Automatisierungsprozesse in der Fabrikhalle optimieren kann. Unternehmen müssen sich so positionieren, dass sie über ihre Produkte und Services einen größtmöglichen Mehrwert für Kunden generieren und somit monetarisieren können. Dieser Wandel muss von der Unternehmensspitze forciert werden. Dazu zählt, dass einerseits Geschäftsmöglichkeiten durch zusätzliche produktbezogene Services über den gesamten Lebenszyklus generiert werden.

Andererseits sollte durch ein Service-Angebot, das auf Kundenbedürfnisse zugeschnitten ist, ein tatsächlicher Nutzen und damit eine positive Customer Experience geschaffen und dadurch die Kundenbindung verbessert werden. Denn nur wer die strategische Relevanz digitaler Mehrwertdienste erkennt und adressiert, wird in Zukunft seine Position halten und von der eigenen Prozessnähe sowie dem tiefen Anlagen-Knowhow profitieren. Wer jetzt startet hat gute Chancen, auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben.

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