Alte Maschine, schnelle Vernetzung, neuer Nutzen

Das vernetzte System kombiniert Sensorik, Software sowie eine IoT-fähige Industriesteuerung und ermöglicht damit die Zustandsüberwachung der Drehbank. “Unser weltweit einmaliger Aufbau zeigt, dass selbst älteste Maschinen mit dem IoT Gateway schnell und einfach vernetzt werden können”, sagte Dr. Werner Struth, in der Bosch-Geschäftsführung unter anderem für die Industrietechnik und die Fertigungskoordination verantwortlich, in Stuttgart. “Damit erschließt Bosch auch Betreibern älterer Maschinenparks die Vorteile der vernetzten Industrie”, erklärte Struth.

Viele Maschinen noch nicht Teil der Industrie 4.0

“Viele Maschinen im Handwerk oder in der Fertigung sind noch ohne Industrie-4.0-Anbindung. U.a. fehlen ihnen Sensoren, Software oder die Anbindung an IT-Systeme des Unternehmens – und damit wesentliche Voraussetzungen für die vernetzte Fertigung. Allein in Deutschland sind mehrere zehn Millionen Maschinen betroffen. Global betrachtet ist das ein Milliardenmarkt für Retrofit-Lösungen wie das Bosch IoT Gateway”, sagte Struth. Die Industrie brauche vernetzte Maschinen, wenn sie nachhaltig Erfolg haben solle. Genau das leistet das IoT Gateway, schnell und flexibel. Bosch zeigt damit, wie Betreiber älterer Produktionsanlagen ihre Maschinen vernetzen, dadurch in Echtzeit überwachen und somit optimieren können. Das ermöglicht etwa die vorausschauende Wartung und reduziert somit Ausfallzeiten bei gleichzeitig steigender Produktivität. Der technische und wirtschaftliche Hintergrund für das IoT Gateway: Innovationszyklen im Maschinenbau unterscheiden sich von jenen in vielen anderen Branchen. Einmal angeschaffte Maschinen bleiben oft über Jahrzehnte im Einsatz. Sie lassen sich nur mit hohem Aufwand und mit hohen Kosten an neue Anforderungen anpassen. Ein großer Teil des weltweit installierten Maschinenparks ist daher noch ohne Anbindung an die vernetzte Fertigung. Der Bedarf für sogenannte Retrofit-Lösungen zum Nachrüsten für die vernetzte Fertigung ist daher riesengroß. Das gilt auch für Bosch: “Wir setzen das IoT Gateway bereits selbst ein und sparen damit Geld. Zum anderen bietet unsere Tochter Bosch Rexroth diese Lösung ab Herbst unseren Kunden an”, sagte Struth. Der Fachöffentlichkeit wird das IoT Gateway zur Messe SPS IPC Drives im November vorgestellt.

Schon nach 18 Monaten amortisiert

Im Bosch-Werk Homburg haben Ingenieure mit dem IoT Gateway zum Beispiel einen Prüfstand für Hydraulikventile aus dem Jahr 2007 vernetzt. Dank neuer Sensoren, die die Qualität des eingesetzten Öls überwachen, lässt sich der Zeitpunkt für den nötigen Ölwechsel nun weitaus genauer bestimmen als zuvor. Dies spart Zeit, Geld und schont die Umwelt. In diesem konkreten Fall hatte sich das Nachrüsten mit dem IoT Gateway bereits nach 18 Monaten amortisiert. Im nächsten Schritt sollen 22 weitere Prüfstände und später viele weitere Maschinen nachgerüstet werden. Außer dem Gateway bietet das Unternehmen auch die Software an, um Daten zum Beispiel in der Cloud zu analysieren, aufzubereiten und darzustellen. Das IoT Gateway wird – je nach Anwendung – um Sensoren erweitert, die an der nachzurüstenden Maschine angebracht werden. Die Sensoren erfassen etwa Temperatur, Druck, Vibration, Stromverbrauch, Ölqualität, Neigungswinkel, Drehgeschwindigkeit oder andere Parameter. Diese Daten übersetzt die Software in Echtzeit in ein Format, das sich in bestehenden Produktionsumgebungen eingliedern lässt – “wie ein nimmermüder Simultanübersetzer für die Industrie 4.0”, sagte Struth. Das Gateway muss dafür nicht programmiert, sondern über einen Browser konfiguriert werden. Das verkürzt die Inbetriebnahme drastisch. Hierbei nutzt Bosch unter anderem die neue und offene Maschinensprache PPMP (Production Performance Management Protocol). Die museale, nun ‘Industrie 4.0-getunte’ Drehbank ermöglicht wesentliche neue Merkmale der vernetzten Fertigung. Zum einen die Prozessüberwachung für die ständige Qualitätssicherung, zum anderen die fortlaufende Zustandsüberwachung (‘condition monitoring’), um ungeplante Ausfallzeiten zu verhindern. Für die Prozessüberwachung erfassen Sensoren unter anderem die Drehzahl des Werkstücks: Zu hohe oder zu niedrige Schnittgeschwindigkeiten verschlechtern die Fertigungsqualität beim Drehen von Metall und können das Werkzeug beschädigen. Dank der von Sensoren am IoT Gateway erfassten und übertragenen Daten erkennt der Bediener am Fußpedal jederzeit auf einem Monitor, ob er schneller oder langsamer treten muss, um die optimale Drehzahl einzuhalten. Zudem erkennt die jetzt vernetzte Drehbank schleichende Veränderungen am Antrieb: Mit zunehmendem Alter kann der lederne Treibrieben zwischen dem Antriebsrad und der Spindel mit dem Werkstück durchrutschen. Für das menschliche Auge ist dieses zunächst unsichtbar. Sensoren erkennen aber bereits Abweichungen im Prozentbereich. Ist ein vorgewählter Schwellenwert erreicht, zum Beispiel ein Durchrutschen von zwei Prozent, sendet das vernetzte System automatisch eine Nachricht an den richtigen Instandhalter. Der wechselt den Riemen innerhalb einer vorgegebenen Zeit aus. So verhindern die Sensoren, das Gateway und die Software den ungeplanten Ausfall der jetzt Industrie-4.0-fähigen Drehbank. Dies steigert die Produktivität. Robert Bosch hatte die Drehbank im Februar 1887 gekauft und auch selbst daran gearbeitet. Sie war vermutlich bis 1901 im Einsatz. Umgerechnet auf heutige Verhältnisse entspricht der Kaufpreis von 507 Mark etwa 30.000 bis 40.000F – für den damals kleinen Betrieb eine beträchtliche und auf Dauer gerechnete Investition.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Industrie arbeitet daran, die Barrieren zwischen IT und OT abzubauen. So können Unternehmen ihre Produktion effizienter und innovativer gestalten und im immer härter werdenden globalen Wettbewerb bestehen. Francis Chow von Red Hat erklärt, welche Rolle Open-Source-Technologien dabei spielen.‣ weiterlesen

3 Prozent der großen Industrieunternehmen setzen GenAI bereits großflächig ein, und rund ein Viertel hat erste Pilotprojekte gestartet. Laut einer Untersuchung der Unternehmensberatung McKinsey kann die Mehrheit der Unternehmen den Mehrwert der Technologie für den Unternehmenserfolg bislang aber noch nicht beziffern.‣ weiterlesen

Ein Bericht von ABI Research und Palo Alto Networks über den Stand der OT-Sicherheit zeigt, dass im vergangenen Jahr eines von vier Industrieunternehmen seinen Betrieb aufgrund eines Cyberangriffs vorübergehend stilllegen musste. Die Komplexität beim Einsatz von OT-Sicherheitslösungen stellt für die Befragten das größte Hindernis dar.‣ weiterlesen

Für dauerhafte Wettbewerbsfähigkeit müssen deutsche Hersteller angesichts weiterhin drohender Rezession und hoher Energiekosten die nächste Stufe der Digitalisierung erreichen. Die Mehrheit der Unternehmen bereitet sich in diesem Zug auf Smart Manufacturing vor, wie eine von Statista durchgeführte und Avanade beauftragte Studie zeigt.‣ weiterlesen

Vom 22. bis zum 26. April wird Hannover zum Schaufenster für die Industrie. Neben künstlicher Intelligenz sollen insbesondere Produkte und Services für eine nachhaltigere Industrie im Fokus stehen.‣ weiterlesen

Eine Umfrage von Hewlett Packard Enterprise (HPE) unter 400 Führungskräften in Industrie-Unternehmen in Deutschland zeigt, dass zwei Drittel der Befragten den Data Act als Chance wahrnehmen. Der Data Act stieß unter anderem bei Branchenverbänden auf Kritik.‣ weiterlesen

Mit der Do-it-yourself-Automatisierung sollen Unternehmen ihre Automatisierungskonzepte selbst gestalten können. Die Komponenten dafür werden über eine Plattform bereitgestellt. Etienne Lacroix, CEO der DIY-Plattform Vention erklärt das Konzept.‣ weiterlesen

Fraunhofer-Forschende haben für Fahrer und Fahrerinnen von Baumaschinen einen Helm mit integriertem Beschleunigungssensor entwickelt. Die Helm-Sensorik misst die Vibrationen der Baumaschinen. Die Sensorsignale werden analysiert, eine Software zeigt die Belastung für den Menschen an.‣ weiterlesen

Deutsche Unternehmen nehmen eine zunehmende Bedrohung durch Cyber-Angriffe wahr. Das zeigt eine aktuelle Umfrage vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag von 1&1 Versatel, an der mehr als 1.000 Unternehmensentscheider teilnahmen.‣ weiterlesen

Carbon Management-Technologien stehen im Fokus, um CO2-Emissionen zu reduzieren und zu managen. Die Rolle des Maschinenbaus und mögliche Entwicklungspfade betrachtet eine neue Studie des VDMA Competence Center Future Business.‣ weiterlesen

Rund 2.700 Aussteller aus mehr als 50 Ländern werden vom 10. bis 14. Juni zur Achema in Frankfurt erwartet. Mit mehr als 1.000 Rednern setzt das begleitende Kongress- und Bühnenprogramm darüber hinaus Impulse für eine erfolgreiche Transformation der Prozessindustrie. An allen fünf Messetagen sollen zudem Angebote für den Nachwuchs zur Zukunftssicherung der Branche beitragen.‣ weiterlesen