IDC sieht dennoch brachliegendes Potenzial

Unternehmen setzen auf intelligente Prozessautomatisierung

Die Automatisierung von Geschäftsprozessen sowie Abläufen in der Informationstechnologie sind für immer mehr Unternehmen ein Lösungsansatz, um Wertschöpfungsketten optimieren und beschleunigen zu können. Immer mehr Unternehmen, die das Potenzial von Prozessautomatisierung in einer wachsenden Zahl von Geschäftsbereichen punktuell ausschöpfen – dennoch liegt hier viel Potenzial brach, so eine IDC Studie.


Laut einer IDC-Studie wollen mehr als zwei Drittel der beffragten deutschen Unternehmen künftig auf intelligente Prozessautomatisierung setzen. Zudem wächst die Relevanz von künstlicher Intelligenz. In den nächsten 24 Monaten wird mehr als die Hälfte der Lösungen mit KI-Funktionalitäten ausgestattet sein. 67 Prozent versprechen sich von Plattformen und der Orchestrierung der Tools einen deutlichen Mehrwert für ihre Prozessautomatisierung. Die Studie basiert auf einer branchenübergreifenden Befragung von 201 Unternehmen im März 2022.

Der Bedarf an mehr Geschäftsprozessautomatisierung und vor allem intelligenter Prozessautomatisierung spiegelt klar das geschäftliche Umfeld wider, in dem die Entscheider aktuell agieren, so die Studie. Die Ziele der intelligenten Automatisierung gehen in hohem Maße Hand in Hand mit den Business-Prioritäten der Unternehmen. Dazu zählen die Senkung der Betriebs- und Produktkosten (32 Prozent), die Verbesserung der Leistung der Mitarbeiter sowie die Gewinnung und Entwicklung von Talenten (31 Prozent), die Verbesserung der Nachhaltigkeit (30 Prozent) sowie die Modernisierung von Prozessen (29 Prozent).

Technisch hat sich viel getan

Technologisch hat sich in Sachen Prozesautomatisierung in den vergangenen fünf Jahren viel getan. In der robotergesteuerten Prozessautomatisierung (Robotic Process Automation, RPA) sind heute beispielsweise unterschiedliche Typen von Bots verfügbar. 37 Prozent der Unternehmen setzen beaufsichtigte Bots ein, bei 33 Prozent sind es unbeaufsichtigte Bots, 29 Prozent nutzen hybride Bots. Der Anteil ihrer Nutzung wird innerhalb der nächsten 24 Monate rasant steigen und sich verdoppeln, so die Studienautoren, da diese Softwareprogramme immer mehr Aufgaben zur direkten Unterstützung der Mitarbeiter übernehmen, eigenständig und vollautomatisiert in den IT-Systemen agieren und Vorschläge zur Entscheidungsvorbereitung machen. Neben der klassischen RPA erweitern Lösungen und Technologien wie Process Mining (35 Prozent), Workflow Automation (34 Prozent), Workflow Orchestration (29 Prozent) und Case Management (29 Prozent) das Potenzial der Automatisierung. Damit nähern sich RPA und Business Process Management (BPM) immer stärker an. IDC beobachtet hier einen eindeutigen Trend in Richtung Ökosysteme und Plattformen. Damit reagieren die Anbieter auf Anforderungen der Anwender, denn gemäß der Befragung betrachten 67 Prozent Plattformen und die Orchestrierung der Tools als einen deutlichen Mehrwert für Automatisierung. Hier bedarf es aber einer umfassenden Transparenz und einer konsequenten Nutzung von Standards, um schnell positive Effekte zu erreichen.

Parallel zur klassischen Robotic Process Automation etabliert sich zunehmend die intelligente Prozessautomatisierung. Intelligente Prozessautomatisierungssoftwareumfasst Technologien, die zur Umstrukturierung, Integration, Orchestrierung und Automatisierung von Geschäftsabläufen und den damit verbundenen Prozessen eingesetzt werden. Damit ist es möglich, Prozesse in Prozessketten zusammenzufassen und miteinander agieren zu lassen. Mehr als 30 Prozent der Unternehmen setzen bereits Tools zur intelligenten Prozessautomatisierung ein. In den kommenden 24 Monaten wollen bereits mehr als 70 Prozent diese Tools nutzen.

KI ist ein wichtiges Tool

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) gilt auch in der Prozessautomatisierung als wichtiges Tool zur Verbesserung und Modernisierung der Lösungen. 26 Prozent der befragten Entscheider setzen gezielt auf kognitive RPA. Hinzu kommt die Tatsache, dass KI in immer mehr Lösungen als Teilfunktonalität vorhanden ist, wie beispielsweise in der Dokumentenverarbeitung und im Conversational AI (30 Prozent). Diese beiden Nutzungspfade werden dazu führen, dass in den nächsten 24 Monaten mehr als die Hälfte der Lösungen mit KI-Funktionalitäten ausgestattet sein werden. Die Automatisierung wird also mit Hilfe von KI immer intelligenter, neue Use Cases entstehen.

Process Mining zeigt zusätzliches Automatisierungspotenzial auf

Entscheider setzen immer häufiger auf Process Mining. Hier geht es im Kern um ein faktenbasiertes Erkennen von Prozessabweichungen und -ineffizienzen, um Prozesse systematisch verbessern und damit auch automatisieren zu können. Die Studie zeigt, dass sich zwei grundlegende Einsatzszenarien etabliert haben. Das ist zum einen eine einmalige Nutzung, beispielsweise für die Planung von Prozessverbesserungen (49 Prozent), zur Unterstützung der Prozessmodellierung individueller Prozesse (33 Prozent) oder zur Unterstützung von Migrationen (32 Prozent). Zudem setzen Unternehmen Process Mining regelmäßig ein, beispielsweise für Audits (34 Prozent), zur Problemerkennung (33 Prozent), zum Performance-Monitoring (32 Prozent) oder zur permanenten Prozessoptimierung. Process-Mining-Projekte sind zunächst stark analytisch ausgerichtet und basieren auf agilen Ansätzen. Für erfolgreiche Process-Mining-Projekte sind neue funktionsübergreifende Teams erforderlich, die in der Lage sein müssen, Prozesse in ihrer Komplexität auf Basis der relevanten Quelldaten zu analysieren und die erforderlichen Schritte für die Verbesserung der Prozesse daraus ableiten zu können.

Neben- und Miteinander

In diesem Zusammenhang stellt sich für Entscheider auch die Frage nach dem ‘Nebeneinander und Miteinander’ von Tools für die Prozessautomatisierung und Business-Anwendungen. 68 Prozent der Entscheider sind der Meinung, dass Business-Anwendungen wie ERP und CRM mittelfristig vollständige ‘Built-in’-Automatisierungsfunktionen haben werden. Aus Sicht von IDC wird es langfristig lediglich funktionale Teilüberschneidungen zwischen RPA und Businessanwendungen geben. Wie sich dieser Punkt speziell in zahlreichen deutschen Industrieunternehmen mit ihren zur Ablösung anstehenden ERP-Systemen dann im Detail entwickeln wird, lässt sich noch nicht abschließend bewerten. Soviel lässt sich aber bereits heute konstatieren: Mit dem Einsatz von Low-Code und No-Code steht den Anwendern ein weiteres Tool zur Verfügung, das neue Lösungsansätze erlaubt. 24 Prozent der Befragten sehen hier einen Ansatz zur Vereinfachung für die Implementierung von Prozessautomatisierung.

IPA: Public Cloud nimmt Fahrt auf

Prozessautomatisierung ist umso erfolgreicher, je besser sie durch die Cloud unterstützt wird. Aktuell kommen lediglich 29 Prozent der Lösungen aus der Public Cloud. Ein wesentlicher Grund dafür ist, das RPA-Lösungen ursprünglich stark Non-Cloud geprägt waren. Aus diesem Grund nutzen heute immerhin noch 36 Prozent der Unternehmen Lösungen für Geschäftsprozessoptimierung On-Premises und weitere 35 Prozent in der Private Cloud, also im eigenen Rechenzentrum. Aber der Trend für die nächsten 24 Monate ist eindeutig. Immerhin 59 Prozent der Befragten wollen die Public-Cloud-Nutzung erhöhen. Dafür sind aus Sicht von IDC zwei Gründe maßgeblich. Zum einen haben immer mehr Anbieter SaaS-Lösungen am Markt platziert und somit ein Angebot geschaffen, das hohe Wachstumsraten aufweist. Zum zweiten profifiert cloudbasierte Prozessautomatisierung stark vom Trend zur Public Cloud bei den Business-Anwendungen, da RPA und IPA stark mit diesen Lösungen vernetzt sind.

Fazit

Insgesamt zeigt die Studie, dass die Prozessautomatisierung – nicht zuletzt aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den Organisationen – weiter forciert wird. Das Thema ist keineswegs neu und in Form von RPA in zahlreichen Unternehmen seit vielen Jahren präsent.

Wir sehen aber auch, dass Prozessautomatisierung aktuell einen Wandel durchläuft. Während das Potenzial für RPA nach wie vor hoch bleibt, wird IPA zunehmend wichtiger. Die engere Verknüpfung von RPA, BPM und Integrationstools sowie der rasche technologische Fortschritt bei künstlicher Intelligenz einschließlich analytischer Ansätze erhöhen den Nutzen und die Wertschöpfung von Prozessautomatisierung für die Unternehmen signifikant. Damit ist der Weg für eine End-to-End Automatisierung auf Basis von IPA und von Ökosystemen vorgezeichnet. Viele Prozesse in den Kernapplikationen sind veraltet und müssen dringend modernisiert werden. Dazu ist eine genaue Analyse der Prozesse – also ein Process Mining – erforderlich. Trotz aller Unterschiede in den fachlichen Anforderungen sollten auch das Abbilden, die Automatisierung, das Management und die Orchestrierung der Prozesse auf Basis von Standards vorangetrieben werden.

Es muss jetzt das gemeinsame Ziel von Anbietern und Anwendern sein, die technologischen Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen. Gemessen an der aktuellen Befragung befinden sich die Unternehmen auf einem guten Weg, die Automatisierung ihrer Prozesse und Abläufe zu steigern und damit die Weichen für eine erfolgreiche Digitalisierung zu stellen.

 

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