European Chips Act

EU investiert 43Mrd.€ in Halbleiterfertigung

Das Chip-Gesetzt soll die Resilienz sowie die Wettbewerbsfähigkeit Europas in Sachen Halbleitertechnologien stärken. Die EU-Kommission hat nun die Eckpunkte des Gesetzes vorgestellt.

Bild: ©Christophe Licoppe / Europäische Union, 2021

Die Europäische Kommission hat ein Maßnahmenpaket vorgestellt, mit dem die Versorgungssicherheit, Resilienz und technologische Führungsrolle der EU im Bereich Halbleitertechnologien gesichert werden soll. Das Europäische Chip-Gesetz wird Europas Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz stärken und zur Verwirklichung sowohl des digitalen als auch des ökologischen Wandels beitragen, heißt es in der Pressemitteilung.

Vorgesehen sind Investitionen von mehr als 40Mrd.€. Ziel soll es sein, bis zum Jahr 2030 den Marktanteil der EU auf 20 Prozent zu verdoppeln.

Die Hauptbestandteile des Chip-Gesetzes sind:

Die Initiative ‘Chips für Europa’ soll die Ressourcen der Union, der Mitgliedstaaten und der an bestehenden Unionsprogrammen beteiligten Drittländer sowie des Privatsektors bündeln und zwar mithilfe des verbesserten ‘Gemeinsamen Unternehmens für Chips’. Dazu soll das bestehende Gemeinsame Unternehmen für digitale Schlüsseltechnologien strategisch neu ausgerichtet werden. Die EU will insgesamt 11 Mrd.€ bereitstellen, um Forschung, Entwicklung und Innovation zu stärken, den Einsatz fortschrittlicher Halbleiter-Werkzeuge und die Errichtung von Pilotanlagen für Prototypen sowie das Testen und Erproben von neuen Halbleitermodellen für innovative praktische Anwendungen sicherzustellen, Fachkräfte auszubilden und ein vertieftes Verständnis des Halbleiter-Ökosystems und der Wertschöpfungskette zu entwickeln.

Ein neuer Rahmen soll die Versorgungssicherheit gewährleisten. Die Kommission will dafür Anreize für Investitionen und verbesserte Produktionskapazitäten setzen. Darüber soll ein Chip-Fonds Start-up-Unternehmen den Zugang zu Finanzmitteln erleichtern. Der Fonds soll eine spezielle Beteiligungsinvestitionsfazilität für Halbleiter im Rahmen von InvestEU umfassen, um Scale-ups und KMU zu unterstützen und ihre Marktexpansion zu erleichtern.

Ein Mechanismus für die Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission soll zur Überwachung des Angebots an Halbleitern, zur Abschätzung der Nachfrage und zur Vorwegnahme von Engpässen dienen. Das Gremium soll die Halbleiter-Wertschöpfungskette überwachen und zu diesem Zweck Schlüsselinformationen von Unternehmen sammeln, um Hauptschwachstellen und -engpässe zu kartieren. Es soll für eine gemeinsame Krisenbewertung sorgen und entsprechende Maßnahmen aus einem neuen Notfallinstrumentarium koordinieren.

Die Kommission legt ferner eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten vor. Dabei handelt es sich um ein Instrument, um die sofortige Aktivierung des Koordinierungsmechanismus zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission zu ermöglichen. So können ab sofort Krisenreaktionsmaßnahmen beraten und beschlossen werden.

Was sagen die Verbände?

„Mit dem European Chips Act legt die Europäische Kommission ein zukunftsweisendes, umfassendes Paket für die Halbleiterbranche vor. Es ist richtig, jetzt das gesamte Halbleiter-Ökosystem in Europa nachhaltig zu fördern. Allerdings ist der Fokus auf Strukturgrößen unter zehn Nanometer zu eng gewählt und geht am Bedarf der europäischen Abnehmerindustrie vorbei“, kommentiert Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung. Europa müsse seine Kompetenz in allen Strukturgrößen stärken, so seien auch Leistungselektronik und Sensorik entscheidend für das Gelingen der grünen und digitalen Transformation.

Kritisch sieht der ZVEI zudem den geplanten Krisenüberwachungsmechanismus. Die im Regulierungsentwurf vorgesehenen weitreichenden Markteingriffsmöglichkeiten durch die Europäische Union, die damit sogenannte Halbleiterkrisen ausrufen darf und dann einzelne Hersteller gegebenenfalls dazu verpflichtet, spezifische Aufträge zu priorisieren, sind unverhältnismäßig. Weber: „Das untergräbt die grundlegende Wirtschaftsordnung und verkennt neben rechtlichen Bedenken zudem, dass sich die Halbleiterproduktion technisch nicht mal eben umstellen lässt.“

Trotzdem sieht der ZVEI im European Chips Act viele gute Ansätze. Es sei richtig, dass sowohl mit direkten Maßnahmen – dem Chips-for-Europe-Programm – die technologische Kompetenz in Europa gestärkt werde, als auch mit der zweiten Säule direkte Investitionen mit Mitgliedsstaatlicher Unterstützung in innovative und neue Produktionsstätten getätigt würden.

Mit dem Chips Act starte die EU-Kommission eine ehrgeizige Aufholjagd, so VDMA Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. Dies könne nur gelingen, wenn die EU die Mittel strategisch klug einsetzt, um bei den entscheidenden Technologien Marktanteile auszubauen. „Die geplanten Chipfabriken in Europa sollten passgenau auf den europäischen Bedarf geplant werden“, fordert Brodtmann. Die Bedarfe des Maschinenbaus müssten dabei berücksichtigt werden.

Brodtmann weiter: „Souveränität entsteht durch leistungsfähige Wertschöpfungsketten und exzellente Produktionstechnologie. Dann ergeben sich nicht nur Exportchancen für europäische Unternehmen, sondern auch starke Positionen der EU im Weltmarkt für Halbleiter, sowie gegenseitige Abhängigkeiten. Die Chancen dafür stehen gut: Es gibt viele EU-Unternehmen – auch im Maschinen- und Anlagenbau –, die weltweit führende Technologien für die Chipfertigung anbieten. Auf diese Stärke kann die EU aufbauen. Es ist daher grundsätzlich gut, dass der Chips Act breit angelegt ist. Wir fordern EU-Kommission und Mitgliedsstaaten aber auf, bei der Ausgestaltung auf die strategischen Stärken in der Produktionstechnologie und internationale Kooperation zu setzen.”

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