Projekt des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und AlgorithmWatch

Emissionen von künstlicher Intelligenz beziffern

Auch künstliche Intelligenz verbraucht Ressourcen. Forschende des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung, AlgorithmWatch und des DAI-Labors der TU Berlin fordern daher, die Nachhaltigkeitsauswirkungen von KI über den gesamten Lebenszyklus hinweg stärker in den Blick zu nehmen.

(Bild: ©Gorodenkoff/stock.adobe.com)

Im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz (KI) wird auch die Diskussion über deren Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt angeheizt. Wie viele Ressourcen KI-Anwendungen benötigen ist oft unbekannt, obwohl viele Daten längst automatisch gemessen werden könnten. Darauf weisen Forscherende des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) hin. Gemeinsam mit der Nichtregierungsorganisation AlgorithmWatch und dem Distributed Artificial Intelligence Labor der Technischen Universität Berlin haben sie mit Förderung des Bundesumweltministeriums im Leuchtturmprojekt ’SustAIn’ drei Jahre lang untersucht, wie KI-Anwendungen nachhaltiger werden können. In ihren Empfehlungen fordern sie nun dazu auf, dass Nachhaltigkeitswirkungen von KI entlang des Lebenszyklus stärker gemessen und die Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen reguliert werden müssen.

Emissionen über den gesamten Lebenszyklus messen

In ihrem Report zeigen die Beteiligten, wie der Energieverbrauch während der Entwicklungs- sowie in der Trainingsphase gemessen werden kann. „Insbesondere die Anbieter von großen Sprachmodellen, sogenannten LLMs, geben oft nur den direkten Energieverbrauch und die Emissionen für einen Trainingszyklus an“, erklärt KI-Expertin Friederike Rohde vom IÖW. „So bleibt das Bild unvollständig. Berücksichtigt man zusätzlich die Hardwareproduktion und die Betriebsenergie, kann sich der Emissionswert schnell verdoppeln. Zudem entstehen kontinuierliche Emissionen während der Anwendung des Modells. Indikatoren deuten darauf hin, dass diese immens sein könnten.“

Die KI-Verordnung der Europäischen Union führe nun zwar erstmals Umweltaspekte auf, aber diese reichten nicht aus, so die Forschenden. „Wir freuen uns, dass der AI Act erste Schritte geht, um die Umweltrisiken von Künstlicher Intelligenz nachvollziehbar zu machen. Den Energie- und Ressourcenverbrauch von KI zu messen ist möglich und dringend nötig, das haben wir in unserem Projekt gezeigt“, so Kilian Vieth-Ditlmann von AlgorithmWatch. „Doch es braucht weitere Ansätze, um die Umweltwirkungen zu regulieren. Es sollten etwa Mess- und Reportingstandards auch für die Phase der KI-Nutzung entwickelt werden, etwa indem KI-Anbieter vor der Markteinführung verschiedene Standard-Nutzungsszenarien definieren.“

Transparenter Verbrauch

Die Forschenden zeigen in ihrer Untersuchung, welche Daten im Hinblick auf den Energieverbrauch während der Systementwicklung und des Modelltrainings erfasst werden sollten. Helfen könnten dabei Metriken wie die Effektivität der Energienutzung (Power Usage Effectiveness), die transparent machen, wie viel Energie ein Rechenzentrum im Verhältnis zu seinem Gesamtenergieverbrauch für die Datenverarbeitung verwendet. Mit diesem Parameter lasse sich die Energieeffizienz von Rechenzentren vergleichen, schreiben die Beteiligten.

Auch eine Fallstudie zu KI in der personalisierten Online-Werbung habe gezeigt, wie relevant es sei, Energie- und Ressourcenverbräuche zu monitoren. „Entweder werden Energieverbräuche noch gar nicht gemessen oder die Daten liegen bei den großen IT-Unternehmen wie Google, Facebook oder Amazon, die diese nicht transparent machen”, erklärt Gesa Marken vom IÖW. „Wir fordern, dass rechtliche Verpflichtungen zur Messung und Veröffentlichung solcher Daten eingeführt werden.“

Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen beachten

Die Forschenden weisen darauf hin, dass die starke Marktkonzentration der KI-Industrie zu globalen Verteilungsungerechtigkeiten führt. Daher sollten auch die aus wirtschaftlicher und sozialer Sicht problematischen Tendenzen in der KI-Entwicklung berücksichtigt werden. „Um die Probleme der Marktkonzentration anzugehen, hat die Europäische Union im Bereich der Tech-Industrie die großen Online-Plattformen mit dem Digital-Markets-Act (DMA) reguliert. Dies könnte ein Muster dafür sein, wie die Marktkonzentration in der KI-Branche verringert werden könnte“, sagt Digitalexpertin Josephin Wagner vom IÖW. „Weitere politische Initiativen sollten nun nachlegen, um eine nachhaltige Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen zu gewährleisten. Wir empfehlen Vorgaben zur Data Governance, eine Gesetzgebung für die Lieferkette und eine starke Ökodesign-Verordnung.“

 

Das könnte Sie auch interessieren

Vom 22. bis zum 26. April wird Hannover zum Schaufenster für die Industrie. Neben künstlicher Intelligenz sollen insbesondere Produkte und Services für eine nachhaltigere Industrie im Fokus stehen.‣ weiterlesen

Eine Umfrage von Hewlett Packard Enterprise (HPE) unter 400 Führungskräften in Industrie-Unternehmen in Deutschland zeigt, dass zwei Drittel der Befragten den Data Act als Chance wahrnehmen. Der Data Act stieß unter anderem bei Branchenverbänden auf Kritik.‣ weiterlesen

Fraunhofer-Forschende haben für Fahrer und Fahrerinnen von Baumaschinen einen Helm mit integriertem Beschleunigungssensor entwickelt. Die Helm-Sensorik misst die Vibrationen der Baumaschinen. Die Sensorsignale werden analysiert, eine Software zeigt die Belastung für den Menschen an.‣ weiterlesen

Carbon Management-Technologien stehen im Fokus, um CO2-Emissionen zu reduzieren und zu managen. Die Rolle des Maschinenbaus und mögliche Entwicklungspfade betrachtet eine neue Studie des VDMA Competence Center Future Business.‣ weiterlesen

Deutsche Unternehmen nehmen eine zunehmende Bedrohung durch Cyber-Angriffe wahr. Das zeigt eine aktuelle Umfrage vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag von 1&1 Versatel, an der mehr als 1.000 Unternehmensentscheider teilnahmen.‣ weiterlesen

Hohe Geschwindigkeit und hohe Erkennungsraten sind die Anforderungen an die Qualitätskontrolle in der Verpackungsbranche. Wie diese Anforderungen erreicht werden können, zeigt das Unternehmen Inndeo mit einem Automatisierungssystem auf Basis von industrieller Bildverarbeitung und Deep Learning.‣ weiterlesen

Laut einer Studie der Unternehmensberatung Bain & Company könnten Unternehmen ihre Produktivität durch digitale Tools, Industrie 4.0-Technologien und Nachhaltigkeitsmaßnahmen steigern. Deren Implementierung von folgt oft jedoch keiner konzertierten Strategie.‣ weiterlesen

Jeder zweite Betrieb investiert laut einer Betriebsräte-Befragung der IG Metall zu wenig am Standort. Demnach verfügen rund 48 Prozent der Unternehmen über eine Transformationsstrategie. Zudem sehen die Betriebsräte ein erhöhtes Risiko für Verlagerungen.‣ weiterlesen

Ziel des neuen VDMA-Forums Manufacturing-X ist es, der zunehmenden Bedeutung von Datenräumen als Basis für neue, digitale Geschäftsmodelle Rechnung zu tragen. Wie der Verband mitteilt, soll das Forum auf dem aufbauen, was in der letzten Dekade durch das VDMA-Forum Industrie 4.0 erarbeitet wurde. ‣ weiterlesen

Ob es sich lohnt, ältere Maschinen mit neuen Sensoren auszustatten, ist oft nicht klar. Im Projekt 'DiReProFit' wollen Forschende dieses Problem mit künstlicher Intelligenz zu lösen.‣ weiterlesen

Wie kann eine Maschine lernen, sich in unserer Lebenswelt visuell zu orientieren? Mit dieser Frage setzen sich die Wissenschaftler am Deutschen Forschungsinstitut für Künstliche Intelligenz (DFKI) aktuell auseinander – und entwickeln Lösungen.‣ weiterlesen