McKinsey-Studie bescheinigt Unternehmen Rückstand bei 8 von 10 Technologien

Technologielücke bei Zukunftstechnologien

Eine Studie des McKinsey Global Institute zeigt, dass der Rückstand bei Zukunftstechnologien Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und strategische Autonomie gefährden kann. Laut der Unternehmensberatung stehen bis 2040 2 bis 4 Billionen Euro auf dem Spiel. Verstärkte Integration und innovationsfreundlicheres Umfeld könnten diesen Rückstand verringern, so die Analysten.

(Bild: Bild: ©VectorMine/stock.adobe.com)

Europa ist die Heimat vieler leistungsstarker Unternehmen – doch insgesamt wachsen europäische Firmen langsamer, erwirtschaften geringere Renditen und investieren weniger in Forschung und Entwicklung als ihre amerikanischen Wettbewerber. Die Technologie gibt dabei zunehmend den Ausschlag. Dies ist das Ergebnis einer Studie des McKinsey Global Institute für die 30 europäische Länder (EU plus Norwegen, Schweiz und Vereiniges Königreich) sowie mehr als 12.000 Unternehmen weltweit untersucht wurden.

Demnach ist in zehn Querschnittstechnologien, die für die meisten Branchen relevant sind, Europa nur in zweien führend: Bei grünen Technologien sowie bei Materialien der nächsten Generation. Die Studienautoren gehen davon aus, dass durch diese Technologielücke bis 2040 Unternehmenswertschöpfung von 2 bis 4 Billionen Euro pro Jahr auf dem Spiel stehen könnten. Das entspräche 30 bis 70 Prozent des prognostizierten BIP-Wachstums in Europa zwischen 2019 und 2040 oder einem Prozentpunkt Wachstum pro Jahr. “Europa hat in seiner schnellen Reaktion auf den Krieg in der Ukraine gezeigt, dass es in Krisen handlungsfähig ist”, sagt Jan Mischke, MGI-Partner und Co-Autor der Studie. “Um in seinen Wachstumserwartungen und strategischer Autonomie nicht ins Hintertreffen zu geraten, sollte Europe neben der Energie- jetzt auch seine Unternehmens- und Technologiekrise in den Fokus nehmen. Denn Technologie ist ein bestimmender Wettbewerbsfaktor in allen Branchen geworden.”

Umsätze wachsen langsamer

Zwischen 2014 und 2019 wuchsen die Umsätze großer europäischer Unternehmen um 40 Prozent langsamer als die ihrer Pendants in den Vereinigten Staaten, sie investierten 8 Prozent weniger (Investitionsausgaben im Verhältnis zum Bestand an investiertem Kapital) und gaben 40 Prozent weniger für Forschung und Entwicklung aus als US-Unternehmen. 80 Prozent der Investitionslücke, 60 Prozent der Wachstumslücke und 75 Prozent der FuE-Lücke entfallen auf technologie-lastige Branchen wie die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) und die Pharmaindustrie. Jedoch wird Technologie immer relevanter in allen Industrien. Rückstände bedrohen auch europäische Schlüsselsektoren wie den Automobilbau. Beispiel autonomes Fahren: Laut Studie entfallen in diesem Segment fast 70 Prozent aller bislang von vollautonomen Fahrzeugen zurückgelegten Kilometer auf US-Hersteller.

Bei acht von zehn Technologien im Rückstand

Europa ist laut McKinsey bei acht von zehn Querschnittstechnologien im Rückstand. Sieben davon bauen auf IKT (Informations- und Kommunikationstechnik) auf und sind mit einer ‘Winner-takes-all’-Dynamik verbunden, bei der Europa einen schweren Stand hat. So befinden sich beispielsweise die zehn größten Unternehmen, die in Quantencomputer investieren, entweder in den Vereinigten Staaten oder in China. Im Bereich 5G entfallen laut Studie fast 60 Prozent der externen Finanzierung auf China, 27 Prozent auf die Vereinigten Staaten und nur 11 Prozent auf Europa. Cleantech gilt als europäische Hochburg, und tatsächlich liegt die Region bei Patenten, Risikokapitalfinanzierung und installierter Kapazität in ausgereiften Technologien vorn. China ist jedoch in fast allen Bereichen führend in der Cleantech-Produktion, und die USA sind bei den meisten bahnbrechenden Technologien wie Kernfusion vorn, so die Studie.

“Dennoch: Europa hat viele Stärken, auf denen es aufbauen kann. Denn wenn Europa funktioniert, funktioniert es gut”, so Solveigh Hieronimus, Senior Partnerin von McKinsey. “Europa hatte in Sachen Nachhaltigkeit und Inklusion schon immer eine gute Bilanz vorzuweisen.” Es habe niedrigere Pro-Kopf-Emissionen als die Vereinigten Staaten und China, und die Emissionen sinken 30 bis 50 Prozent schneller. Die Einkommensungleichheit, gemessen am Gini-Index, beträgt nur 30, während sie in den Vereinigten Staaten 41 beträgt. Alle zehn Länder, die in dem vom Weltwirtschaftsforum veröffentlichten Index der sozialen Mobilität an der Spitze stehen, sind europäische Länder. “Das Ziel muss sein, schneller und innovationsfreundlicher zu werden und damit die heutige hohe Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger unseres Kontinents, aber auch unsere strategische Autonomie und Rolle in der Welt, langfristig zu erhalten”, so Mischke.

 

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