Bitkom-Studie

Unternehmen zögern beim Plattform-Einsatz

Laut einer Bitkom-Umfrage sehen vier von zehn Unternehmen digitale Plattformen als Chance, ebenso viele nutzen sie jedoch nicht. Ein Drittel der befragten Unternehmen gab an, im nächsten Jahr verstärkt in Plattformen zu investieren.

Bild: ©Visual Generation/stock.adobe.com

Bild: ©Visual Generation/stock.adobe.com

Viele Unternehmen in Deutschland stehen digitalen Plattformen skeptisch gegenüber. Das zeigt eine Umfrage des Digitalverbandes Bitkom unter mehr als 500 Unternehmen mit 20 oder mehr Mitarbeitern. Zwar geben vier von zehn Unternehmen (45 Prozent) darin an, dass sie digitale Plattformen eher als Chance für das eigene Unternehmen sehen, zugleich hält sie aber etwa ein Drittel (30 Prozent) für ein Risiko. 22 Prozent der Unternehmen messen digitalen Plattformen keine Bedeutung für das eigene Geschäft zu. Die Digitalisierung im Allgemeinen wird von 96 Prozent als Chance für das eigene Unternehmen betrachtet, nur drei Prozent sehen in ihr ein Risiko.

Unternehmen gespalten

Insgesamt zeigen sich die Unternehmen mit Blick auf Plattformen gespalten: Rund zwei Drittel (63 Prozent) nehmen an, dass die Nutzung digitaler Plattformen insgesamt mehr Vorteile als Nachteile für sie bringt, 27 Prozent sehen durch digitale Plattformen gar ihre Existenz bedroht. „Jede Branche und jedes Unternehmen muss sich mit digitalen Plattformen beschäftigen. Die Bedeutung und gerade auch die Chancen digitaler Plattformen werden in der deutschen Wirtschaft immer noch unterschätzt“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Manager und Unternehmer, die heute noch glauben, dass die Plattform-Ökonomie keine Auswirkungen auf ihr Unternehmen hat, müssen aufwachen.“ Als wichtigste Vorteile digitaler Plattformen sehen die Befragten die Schaffung eines breiteren Angebots (74 Prozent), die Erschließung neuer Kundengruppen (72 Prozent) und die Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens (68 Prozent). Dahinter folgen die Steigerung der Bekanntheit (63 Prozent) und die Förderung von Innovationen (62 Prozent). Aber auch die Einnahmen spielen eine wichtige Rolle: So sehen 57 Prozent eine Steigerung des Umsatzes bei bestehenden Produkten und 42 Prozent zusätzliche Umsätze mit neuen Produkten. Fast jedes zweite Unternehmen (47 Prozent) verspricht sich durch die Gewinnung von Daten Vorteile.

Einfacher Markteintritt neuer Wettbewerber

Sorgen machen den Unternehmen demgegenüber der einfache Marktzutritt für neue Wettbewerber (65 Prozent), ein erhöhter Preisdruck sowie der Verlust der direkten Kundenbeziehung (je 55 Prozent). Dahinter folgen schrumpfende Margen durch Gebühren (48 Prozent). Viele Unternehmen fürchten eine starke Stellung des Plattformbetreibers. So haben 42 Prozent Sorgen, dass sie in Abhängigkeit vom Plattformbetreiber geraten und jedes dritte Unternehmen (33 Prozent) sieht die Weitergabe von Kundendaten an den Plattform-Betreiber kritisch. Jedes Vierte (23 Prozent) beklagt darüber hinaus einen unklaren Rechtsrahmen, etwa bei Kooperationen für den Aufbau von Plattformen. Eine in der Studie häufig geäußerte Sorge in der Diskussion über digitale Plattformen ist die Monopolbildung: 52 Prozent der Befragten glauben demnach, dass sich auf Dauer nur eine Plattform für einen Zweck auf dem Markt halten kann und so ein Monopol entstünde. „Die Geschichte vom Plattform-Monopol ist ein Märchen“, sagt Berg. So gebe es im E-Commerce-Markt, auf dem sich die Entwicklung von Plattformen gut verfolgen lässt, zwar nur wenige globale Player, die einen großen Marktanteil auf sich vereinen. Dahinter sei aber eine ganze Reihe von nationalen Anbietern entstanden und eine Vielzahl von Plattformen besetzten zudem größere oder kleinere Nischenmärkte. „Auf jedem Markt gibt es Platz für mehr als eine digitale Plattform. Und die Karten werden in der digitalen Welt ständig neu gemischt – selbst heute führende Plattformen können in einigen Jahren von neuen Wettbewerbern überholt werden“, so Berg.

Vorteile für alle?

Ein besonderes Merkmal von Plattform-Märkten ist, dass alle Beteiligten aus der Plattform Vorteile ziehen können – und das sehen auch die allermeisten deutschen Unternehmen so. An erster Stelle sehen die Unternehmen dabei die Plattformbetreiber (98 Prozent). 79 Prozent sehen auch Vorteile für die Anbieter auf der entsprechenden Plattform und 73 Prozent für die Kunden, die die Plattform nutzen. Mehr als jeder Zweite (53 Prozent) ist davon überzeugt, dass die gesamte Branche von einer digitalen Plattform Vorteile hat. Obwohl Plattformen im Allgemeinen diese ausgesprochen hohe Bedeutung zugemessen wird, geben 3 von 10 Unternehmen (30 Prozent) an, dass sie für ihr eigenes Unternehmen nicht relevant sind. Jedes elfte Unternehmen (9 Prozent) hat zwar die Bedeutung von Plattformen für sich erkannt, gab jedoch an, diese bisher nicht zu nutzen. Etwas weniger als die Hälfte der Unternehmen ist Anbieter auf Plattformen (45 Prozent), fast genauso viele (44 Prozent) fragen Produkte oder Dienstleistungen auf digitalen Plattformen nach. Und nur jeweils 5 Prozent aller Unternehmen geben an, dass sie selbst eine digitale Plattform alleine bzw. mit einem Partner betreiben. Als größte Hemmnisse für den Einsatz digitaler Plattformen nennen die Plattform-Nutzer Anforderungen an den Datenschutz (64 Prozent), Anforderungen an die IT-Sicherheit (55 Prozent) und fehlendes qualifiziertes Personal (54 Prozent). Ein unzureichendes Budget (19 Prozent) oder fehlender wirtschaftlicher Nutzen (11 Prozent) spielen demgegenüber nur eine geringe Rolle, dies sind jedoch für die Nicht-Nutzer von Plattformen gewichtige Hemmnisse: 60 Prozent geben fehlendes Knowhow, 52 Prozent fehlenden wirtschaftlichen Nutzen und 39 Prozent ein unzureichendes Budget als Gründe an, Plattformen nicht einzusetzen.

Steigende Investitionen

Bei Investitionen in digitale Plattformen wollen die deutschen Unternehmen weiter zulegen: Laut Bitkom-Studie gibt jedes zweite Unternehmen (55 Prozent) an, dass die Plattform-Investitionen in diesem Jahr zugenommen haben, bei 37 Prozent sind sie unverändert geblieben und nur bei 2 Prozent haben sie abgenommen. Im kommenden Jahr will jedes Dritte (34 Prozent) die Ausgaben erhöhen, jedes Zweite (54 Prozent) möchte sie konstant halten, aber 8 Prozent wollen sie reduzieren. Zudem spricht sich eine große Mehrheit (84 Prozent) der Befragten dafür aus, dass die Politik den Aufbau deutscher und europäischer digitaler Plattformen fördern sollte. Als konkrete politische Maßnahmen werden europaweit einheitliche Regeln (53 Prozent) sowie mehr Rechtssicherheit für digitale Plattformen (50 Prozent) gefordert. Öffentliche Mittel zum Aufbau digitaler Plattformen wünscht sich dabei nur eine Minderheit von 36 Prozent, 32 Prozent sprechen sich für Unterstützung bei Kooperationen mit anderen Unternehmen aus. Ähnlich viele würden Impulse durch Lockerungen beim Datenschutz (29 Prozent) begrüßen. Aber nicht nur die Politik sei gefordert, laut Bitkom-Präsident Berg müsse sich vor allem die Wirtschaft selbst bewegen. 82 Prozent der Befragten unterstützen die Aussage, deutsche Unternehmen sollten viel häufiger zu Plattformanbietern werden. Immerhin jeder Vierte ist dagegen der Meinung, deutsche Unternehmen sollten sich nicht um das Thema Plattformen kümmern sondern täten besser daran, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren.

Die Befragten Unternehmen gehen zudem davon aus, dass die Bedeutung von digitalen Plattformen künftig weiter zunehmen wird. So sind 90 bzw. 89 Prozent davon überzeugt, dass in zehn Jahren digitale Plattformen für die weltweite wie auch für die deutsche Wirtschaft sehr wichtig oder eher wichtig sein werden. 83 Prozent stimmen der Aussage für die eigene Branche zu und immerhin 75 Prozent für das eigene Unternehmen.

Das könnte Sie auch interessieren

Fraunhofer IPK und IWF der TU Berlin laden vom 14. bis 15. September 2023 zum 17. PTK nach Berlin ein. Rund 200 Gäste aus Wirtschaft und Wissenschaft werden erwartet, um branchenübergreifend Herausforderungen für den Industriestandort Deutschland zu diskutieren.‣ weiterlesen

Alle Maschinen, Anlagen und Systeme sind miteinander vernetzt und kommunizieren kontinuierlich - das ist das Ziel der Industrie 4.0 oder auch Smart Factory. Die Erfassung von Daten aus der Produktionsumgebung ist dafür unabdingbar. In der Realität werden diese Daten zwar gesammelt, aber oft nicht genutzt.‣ weiterlesen

Expertinnen und Experten der Plattform Lernende Systeme beleuchten in einem neuen Whitepaper, wie es um die Entwicklung europäischer bzw. deutscher KI-Sprachmodelle bestellt ist.‣ weiterlesen

In 12 Prozent der Unternehmen tragen Daten laut einer Bitkom-Befragung bereits stark zum Geschäftserfolg bei, aber zwei Drittel schöpfen Potenzial nicht aus. 4 von 10 Unternehmen nutzen Daten von anderen oder geben eigene Daten weiter.‣ weiterlesen

Laut einer Umfrage von Reichelt Elektronik investieren Unternehmen im industriellen Sektor in Energiesparmaßnahmen, sehen sich aber auch unter großem Druck. 45 Prozent ziehen energieintensive Prozesse zumindest teilweise ins Ausland ab.‣ weiterlesen

Künstliche Intelligenz (KI) gilt als Schlüsseltechnologie und birgt zugleich auch Risiken. In der aktuellen Debatte generative KI-Modelle werden Rufe nach Regulierung laut.‣ weiterlesen

Unzureichender Technologieeinsatz wirkt sich negativ auf die Produktivität kleiner Unternehmen aus. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage von Adobe Systems. Für die Mehrheit der Befragten ist der Einsatz solcher Technologien sogar ein Faktor, um einen Job anzutreten.‣ weiterlesen

Exklusiv für Abonnenten

In den vergangenen Jahren ist der Krisenzustand fast normal geworden. Künstliche Intelligenz kann Unternehmen helfen, in diesen Zeiten Stabilität zu gewinnen. Das BMWK-Forschungsprojekt Pairs zeigt, wie das gelingen kann.‣ weiterlesen

Laut einer Umfrage des TÜV-Verbands sorgt sich die Bevölkerung vor unkalkulierbaren Risiken, Fake-News-Schwemmen und Arbeitsplatzverlusten im Zusammenhang mit generativer künstlicher Intelligenz. 84 Prozent fordern gesetzliche Vorgaben für KI-Anwendungen.‣ weiterlesen

Mit modernen Fertigungsprozessen und Technik lässt sich heute ein personalisiertes Produkt zum Preis der Serienfertigung herstellen. Mass Customization heißt das. Doch auf dem Weg dorthin müssen sich Abläufe und Produktions-IT großen Herausforderungen stellen.‣ weiterlesen

Wasserstoff, der möglichst CO2-Arm erzeugt wird, entwickelt sich zu einem der vielversprechendsten Instrumente zur Dekarbonisierung von Branchen mit bislang hohen Emissionen. Laut einer Studie des Capgemini Research Institute, prüfen sich 62 Prozent der Unternehmen aus energieintensiven Industriezweigen den Umstieg auf CO2-arm erzeugten Wasserstoff.‣ weiterlesen