Ist Deutschland noch wettbewerbsfähig?

Die Bevölkerung hat erhebliche Zweifel an der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Mit Blick auf technische Innovationen ist es um Deutschland offensichtlich schlecht bestellt“, so VDI-Direktor Adrian Willig zu dem Ergebnis einer aktuellen repräsentativen Bevölkerungsbefragung des VDI.

(Bild: ©Marcus Friedrich/stock.adobe.com)

Willig hält es für äußerst bedenklich, dass nur 9 Prozent der Meinung sind, Deutschland sei aktuell bei der Entwicklung neuer Technologien sehr wettbewerbsfähig. Insgesamt hält nur eine knappe Mehrheit (54,2 Prozent) Deutschland zumindest für eher wettbewerbsfähig. „Das heißt, die deutsche Bevölkerung hat geringes Vertrauen in die Wettbewerbsfähigkeit des Landes“, so Willig. Alarmierend sei die Perspektive der Befragten auf den Automobilsektor als wesentliche Schlüsselindustrie des Landes, so der VDI. Mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) glaubt nicht daran, dass auch in 10 oder 15 Jahren noch die besten Autos der Welt aus Deutschland kommen. VDI-Direktor Willig führt weiter aus: „Vor dem Hintergrund der strukturellen Bedeutung der Automobilindustrie für das deutsche Innovationssystem ist das ein alarmierendes Signal.“

Unsichere Zukunftsaussichten

Auf die Frage, ob Deutschland auch 2035 noch zu den führenden Innovationsstandorten der Welt gehört, antworten nur 13 Prozent der Befragten mit ‘Ja’. Hinsichtlich der Zukunftsaussichten bestehen offensichtlich erhebliche Unsicherheiten bei den Deutschen. Nur gut jeder Zehnte ist sich sicher, dass Deutschland 2035 eine führende Rolle in der Welt spielen wird. Willig betont, dass die VDI-Umfrage nicht nur negative Zukunftsbilder ergeben habe.

„Die Bevölkerung sieht die Stärken Deutschlands vor allem bei traditionellen Werten einer Industrie „Made in Germany“.“ Zwei von drei Deutschen halten hier entwickelte Technologien außerdem für besonders nachhaltig. „Aber Deutschland ist zu langsam“, ordnet Adrian Willig ein. Nur 23 Prozent meinen, Deutschland entwickle Technologien besonders schnell und bringe diese zügig auf den Markt. Hierzulande entwickelte Technologien hält die Hälfte (54 Prozent) für besonders innovativ und neuartig.

Dr. Robert Peters, Zukunftsforscher und Politikberater beim VDI/VDE Innovation + Technik, verantwortlich für die Erstellung der Befragung ergänzt: „Die schlechte Nachricht für die Bundesregierung ist: In den Augen der Bevölkerung tut sie bislang nicht genug zur Stärkung von Innovation und für die Sicherung von Wohlstand. Die gute Nachricht ist aber: Wenn der Staat dazu beiträgt, dass Wirtschaft und Gesellschaft auf einen technologieoffenen Transformationspfad einschwenken, haben Regierung und Parlament die Bevölkerung an ihrer Seite.“

Innovative Technologie generiert Wohlstand

VDI-Präsident Prof. Dr. Lutz Eckstein zu den Ergebnissen der Umfrage: „Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Befragten der großen Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft steht, durchaus bewusst sind. Die Investitionen großer deutscher Unternehmen in andere Wirtschaftsräumen wie z.B. die USA oder China und die Verlagerung von Technologieentwicklung und Produktion ins Ausland sind ein klares Signal dafür, dass gleich mehrere Standortfaktoren in Deutschland nicht mehr stimmen: die Energieversorgung ist mit Unsicherheiten behaftet, die Energiekosten um Faktor 5 höher im Vergleich zu konkurrierenden Wirtschaftsräumen, der Fachkräftemangel nimmt zu und die Genehmigungsprozesse sind in vielen Bereichen zu langwierig.“

Die repräsentative Befragung zeigt erfreulicherweise, dass die Bevölkerung erkannt hat, wie wichtig technologische Innovationen für unseren Wohlstand, aber auch für unsere Gesellschaft in Summe sind, so Eckstein weiter. „Und hier kommen wir Ingenieure und Ingenieurinnen ins Spiel – denn wir entwickeln die dringend notwendigen technischen Innovationen, die in vielfältigen Produkten und effizienten Prozessen und Produktionsverfahren münden.“

Das könnte Sie auch interessieren

Künstliche Intelligenz (KI) kann einen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten. Wie? Das zeigt ein aktuelles Whitepaper der Plattform Lernende Systeme anhand von Praxisbeispielen. Die Expertinnen und Experten benennen dazu die Rahmenbedingungen für die KI-unterstützte Fachkräftesicherung.‣ weiterlesen

Die strukturelle Verbesserung der Kosten und Profitabiltät steht für große Industrieunternehmen in diesem Jahr ganz oben auf der Managementagenda. Für zwei Drittel der Vorstände hat das Thema laut einer Studie der Managementberatung Horváth größte Bedeutung. Im Zuge dessen setzt sich die Deglobalisierung der Unternehmen fort: aus Exportweltmeistern werden transnationale Organisationen. Deutschland profitiert hier laut der Studie nicht. ‣ weiterlesen

Data Sharing birgt großes Potenzial, wird aber kaum genutzt. Rechtssicherheit, gemeinsame Modelle und finanzielle Anreize könnten Unternehmen zum Teilen bewegen, so repräsentative eine ZEW-Studie mit 1.400 Firmen.‣ weiterlesen

Eine Umfrage von Hewlett Packard Enterprise (HPE) unter 400 Führungskräften in Industrie-Unternehmen in Deutschland zeigt, dass zwei Drittel der Befragten den Data Act als Chance wahrnehmen. Der Data Act stieß unter anderem bei Branchenverbänden auf Kritik.‣ weiterlesen

Rund 2.700 Aussteller aus mehr als 50 Ländern werden vom 10. bis 14. Juni zur Achema in Frankfurt erwartet. Mit mehr als 1.000 Rednern setzt das begleitende Kongress- und Bühnenprogramm darüber hinaus Impulse für eine erfolgreiche Transformation der Prozessindustrie. An allen fünf Messetagen sollen zudem Angebote für den Nachwuchs zur Zukunftssicherung der Branche beitragen.‣ weiterlesen

Die seit 2020 geltende staatliche Forschungszulage etabliert sich im deutschen Maschinen- und Anlagenbau mehr und mehr als Instrument der Forschungsförderung. Ein wachsender Anteil der Unternehmen nutzt die Forschungszulage. Besonders geschätzt werden die verbesserten Finanzierungsmöglichkeiten sowie der erleichterte Zugang zur staatlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (FuE).‣ weiterlesen

Der Fachkräftemangel erfordert einen möglichst intelligenten und flexiblen Personaleinsatz. KI spielt dabei eine wichtige Rolle. Der Industriesoftware-Spezialist Augmentir zeigt sechs Ansatzmöglichkeiten auf.‣ weiterlesen

Wie bewerten IT-Entscheider den Stand der Digitalisierung in Deutschland? Dieser Frage geht das CIO-Barometer des IT-Anwenderverbands Voice nach. Demnach werden vor allem interne Faktoren positiv bewertet. Die externen Rahmenbedingungen kommen derweil nicht so gut weg.‣ weiterlesen

Das Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW), ein Mitglied des Vereins SEF Smart Electronic Factory, hat in Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk der hessischen Wirtschaft (BWHW) und dem SEF-Mitglied Bosch Rexroth einen Industrie-4.0-Zertifizierungslehrgang entwickelt.‣ weiterlesen

Riverbed hat 1.800 Führungskräfte zu ihren Ansichten über neue Arbeitsformen, die wachsende Rolle der IT und ihre Strategien für die Digital Employee Experience befragt. Christian Siemann von Riverbed stellt die Ergebnisse vor.‣ weiterlesen

Zwischen 2023 und 2024 streben insgesamt 224.000 Mittelständler Nachfolgeregelungen für ihr Unternehmen an. Laut KfW Research wird dieser Wert bis Ende 2027 626.000 Unternehmen steigen. Die Studienautoren gehen davon aus, dass Schwierigkeiten bei der Nachfolgesuche zunehmen.‣ weiterlesen