Studie ‘State of AI in the Enterprise’
Weltweit wächst der Markt für Anwendungen Künstlicher Intelligenz rasant, so eine jährliche Studie von Deloitte. Demnach räumten deutsche Unternehmen der Bedeutung des Themas für ihre wirtschaftliche Zukunftsrelevanz noch nicht den Stellenwert ein, der in anderen Ländern vorherrscht, so die Studienautoren.
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Wie nutzen Führungskräfte das Potenzial von KI, um den Wert ihrer Unternehmen in großem Umfang zu steigern? Wo sind deutsche Unternehmen führend, und was fehlt ihnen? Für die Studie ‘State of AI in the Enterprise’ des Beratungsunternehmens Deloitte gewährten 2.620 KI-Spezialisten Einblick zum aktuellen KI-Stand in ihren Unternehmen (Deutschland: 150). Die Befragten stammen aus Unternehmen, die bereits KI-Technologien einsetzen.
Deutschland erst am Anfang
“Auch in unserem diesjährigen Bericht müssen wir eindeutig feststellen, dass wir uns in Deutschland erst am Anfang des ‘Age of With’ befinden, der Ära der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine”, sagt Dr. Björn Bringmann, Leiter AI Institute bei Deloitte. “Wir sehen aber sehr wohl gute Anzeichen dafür, dass deutsche Unternehmen immer mehr die Chancen der KI erkennen. Zugleich weisen die Ergebnisse darauf hin, dass deutsche Unternehmen zwar in einigen Bereichen gut positioniert sind. Andere – wichtige – Bereiche geben jedoch Anlass zur Sorge. Insbesondere die Aufhängung des Megathemas KI bei deutschen Vorständen ist – um es nett zu sagen – noch ausbaufähig und überdies dringend geboten, um dieser Technologie beizeiten die Bedeutung beizumessen, die sie verdient. Das hat man in allen anderen befragten Ländern längst erkannt und handelt entsprechend.”
Weltweit auf dem Vormarsch
Laut Studie entwickelt sich der weltweite KI-Markt weiterhin rasant, und durchschnittlich 94 Prozent der global Befragten gaben an, dass diese Technologie wichtig für die Zukunft ihrer Unternehmen sei. Höchstwerte kommen hier aus Südafrika (99 Prozent), Indien (98 Prozent), Brasilien (97 Prozent) und China (96 Prozent), deutsche Unternehmen geben hingegen das Schlusslicht: 87 Prozent der deutschen Befragten halten KI-Lösungen in den nächsten fünf Jahren für wichtig. In der Studie zeigen sich zudem 52 Prozent der Befragten aus Deutschland besorgt über die manipulative Macht von künstlicher Intelligenz, im weltweiten Durchschnitt sehen dies 41 Prozent so. Die Hälfte der deutschen Befragten fürchten KI zudem als Jobkiller, global tun dies 38 Prozent.
Dennoch ist KI natürlich auch in Deutschland schon am Werk, sei es bei Spracherkennung, -steuerung und -assistenz, oder bei intelligenter Automation. Weitere wichtigste KI-Anwendungen sind Text-Chatbots, Biometrik, Intelligente Prozessautomatisierung, Maschinelles Sehen, Sprachagenten und Sprachverarbeitung.
Zum Teil große Unterschiede zwischen Deutschland und internationalem KI-Level
Die Studienautoren beobachten, dass Deutschland in einigen Bereich noch viel KI-Entwicklung vor sich hat, in anderen wiederum den Zenit des Entwicklungsbedarfs bereits überschritten hat. Vor allem im Bereich der optisch gestützten Maschinenaufgaben – wie etwa Qualitätskontrolle oder Gesichtserkennung – sehen die Befragten zu 32 Prozent in den kommenden drei bis fünf Jahren eine hohe Relevanz, für den Zeitraum fünf bis zehn Jahren sind es schon 41 Prozent. Auch bei Simulationen, etwa mit Digital Twins, liegen die Steigerungserwartung ähnlich hoch, während er bei Anwendungen wie Intelligenter Automatisierung, Cybersecurity und Empfehlungssystemen seinen Höhepunkt erreicht hätten und sich in den kommenden zehn Jahren laut der Befragung relativ stagniert bzw. rückläufig entwickeln dürften. Dies gelte laut der Autoren als Zeichen, dass die Entwicklung in diesem Bereich weitgehend als abgeschlossen und integriert betrachtet würden, was insbesondere hinsichtlich Cybersecurity Sorgen bereite.
Auch bei den KI-Investitionen klaffe die Schere zwischen Global und Deutschland auseinander, so die Studienautoren: Im Durchschnitt berichten 76 Prozent der Befragten weltweit von einer Zunahme der KI-Investitionen, verglichen mit 70 Prozent der deutschen Befragten. „Es besteht das Risiko, dass deutsche Unternehmen das Potenzial von KI im Vergleich zu internationalen Wettbewerbern nicht ausreichend nutzen“, sagt Bringmann. „Unternehmen in anderen Ländern sehen in der KI-Technologie eher einen Schlüssel zum künftigen Erfolg und zahlen mit ihren KI-Investitionen stärker auf die Zukunft ein als hierzulande.“
KI-Themen gehören in die C-Klasse
In diesem Jahr sehen due Studienautoren überproportional viele Organisationen aus Deutschland, die mit stärksten KI-Ergebnissen assoziiert werden, also viel KI nutzen und auch Ziele damit erreichen, die sogenannten Transformer. Hier belegt Deutschland den dritten Platz unter den 13 untersuchten Länder. Diese Position wirke auf den ersten Blick ermutigend, sei jedoch trügerisch, so die Autoren. Zum einen würden die meisten deutschen Transformer die geforderten Kriterien in der Studie nur sehr knapp erfüllen, – ihre gute Platzierung in dem von rapider Veränderung geprägten KI-Umfeld wird also eher nicht beständig sein. Zum anderen würden die Ergebnisse zeigen, dass viele deutsche Unternehmen es offenbar versäumt hätten, die Grundlagen für eine nachhaltige Nutzung von KI zu schaffen. Laut der Autoren fallen insbesondere die Themen Kultur und Führung auf, bei denen Deutschland durchgehend schlecht abschneidet und bei mehr der Hälfte der Themen auf dem letzten Platz liegt. Das liege u.a. auch am mangelnden Verständnis und unzureichender Verankerung von KI als Thema in der Vorstandsetage, erklärt Dr. Bringmann.