Herausforderung Energiewende


Zu Beginn dieses Jahres haben Sie die Größe Ihres hauseigenen Prüflabors mehr als verdoppelt. Was war der Hintergrund dieser Investition, und welche Vorteile haben Sie und Ihre Kunden davon?

Berthold: Es gab mehrere Motivationen für die Erweiterung. Eine davon war, dass in den letzten Jahren die Anforderungen hinsichtlich der Informationen über technische Produkte gestiegen sind. Zum einen seitens der Kunden, da diese Unterlagen für die normgerechte Auslegung ihrer Schaltanlagen benötigen, zum anderen werden vermehrt Dinge hinterfragt, die früher als gegeben hingenommen wurden und für die der Kunde heute Belege sehen möchte, um diese seinen Unterlagen beizufügen. Daher hat auch die Zahl der Tests und Prüfungen bei uns zugenommen. Zudem müssen wir mehr Prüfungen durchführen, um die Produkte typgerecht zugelassen zu bekommen. Die Daten, die heute über ein Produkt vorhanden sein müssen, damit die Kunden eine Anlage richtig auslegen können, sind deutlich umfangreicher geworden. Für diese gestiegene Anzahl an Prüfungen war unser Prüffeld einfach zu klein geworden und es bildete sich ein Flaschenhals. Auf der anderen Seite können jetzt aber auch Kunden bei uns Prüfungen durchführen, die ihre Anlage auf eine bestimmte Art und Weise neu auslegen möchten. So führen wir z.B. im Kundenauftrag Erwärmungsprüfungen durch, anhand derer wir dem Kunden dann wichtige Tipps im Hinblick auf die Auslegung seiner Anlage geben können.

Auf der Hannover Messe dieses Jahres sind Sie eine Kooperation mit Phoenix Contact eingegangen. Bitte erläutern Sie das Ziel dieser Zusammenarbeit.

Berthold: Aus der Zusammenarbeit mit Phoenix Contact versprechen wird uns, dass Energieversorger ihre Netzdaten besser auslesen können. Die Kompetenz von Phoenix Contact liegt dabei auf der Auswerteebene oberhalb unserer Geräte. Das heißt unsere Geräte liefern Daten, die dann mithilfe der Software-Tools von Phoenix Contact ausgewertet werden können, so dass EVU Reaktionsmöglichkeiten an die Hand gegeben werden. Abgesehen davon bieten unsere Leisten über eine Modbus RTU-Schnittstelle auch anderen Analysetools die Möglichkeit, Daten auszulesen und auszuwerten.

Laut Angaben des ZVEI fehlen der Elektroindustrie derzeit rund 50.000 Fachkräfte, Ingenieure, Softwareentwickler, aber auch Facharbeiter und Logistikpersonal. Wie macht sich dieser Mangel bei Jean Müller GmbH Elektrotechnische Fabrik bemerkbar und was unternimmt Ihr Unternehmen, um diesem zu begegnen?

Berthold: Sicher trifft uns dieser Fachkräftemangel auch. Der Rheingau, in dem wir seit über 120 Jahren angesiedelt sind, ist keine Industriegegend. Dies hat den Vorteil, dass unsere Marktbegleiter weit entfernt sind, aber den Nachteil, dass wir keine Fachkräfte in der näheren Umgebung anwerben können. Daher bemühen wir uns schon seit einiger Zeit, das Haus Jean Müller im Rheingau bekannter zu machen. Hierfür haben wir bestimmte Aktivitäten der Öffentlichkeitsarbeit gestartet. Außerdem sind wir eine Zusammenarbeit mit den hiesigen Schulen eingegangen und bemühen uns, dass Jugendliche mehr mit Technik in Berührung kommen. Wir werden jetzt ganz aktuell die Projektwoche der örtlichen Realschule bei uns im Hause durchführen. Ziel ist es, dass wir in den Schulen die entsprechenden Arbeitsschwerpunkte Technik mitbetreuen, indem unsere Auszubildenden dort lehrend tätig werden. Das fördert einerseits unsere Auszubildenden in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und weckt hoffentlich andererseits ein höheres Interesse bei den Schülern, als würde diese Tätigkeit von einem Lehrer ausgeführt, den die Schüler ja nicht immer positiv bewerten. Auf diese Art und Weise möchten wir junge Menschen mehr für Technik begeistern. Derzeit halten sich die Vakanzen bei Jean Müller noch in Grenzen, aber das Thema wird sicherlich intensiver für uns alle. Am Ende betrifft dieses Problem aber auch unsere Kunden. Viele Handwerksbetriebe klagen heute schon über einen Abarbeitungsstau aufgrund fehlender Fachkräfte. Es handelt sich also um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dafür zu sorgen, dass neue Jobs nicht nur in den Ballungszentren entstehen, wo die Menschen aber nicht mehr hinziehen können, da die Mieten zu teuer sind. Dadurch, dass sich die größeren Unternehmen aber dort ansiedeln, drohen die ländlichen Gebiete zu veröden.

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